30. März 2018

'Forever Yours - Gefangen. Sein.' von Morgan Stern

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
Mira und der aufstrebende Rockstar Ryan lernen sich im Internet kennen. Aus anfänglicher Sympathie wird tiefe Vertrautheit, welche beide genießen.

Doch dann wird Ryans Band über Nacht berühmt und die Geheimnisse, die er Mira anvertraut hat, drohen, die hart erarbeitete Karriere zu zerstören. Er fühlt sich gezwungen zu handeln. Mira muss WEG – ein Profikiller soll ihm dabei helfen.

Aber dann ereilen Ryan Zweifel, muss es denn gleich ihr Tod sein?
Beflügelt vom Gedanken der Macht und Kontrolle über sie, schmiedet Ryan einen perfiden Plan.
Er will sie besitzen, ganz und gar.
Für immer. Sein.

Leseprobe:
Mira
„Wohin fahren wir?“ Ich wiederholte meine Frage in einer Stimmlage, die nicht annähernd das ausdrückte, was ich empfand. So schwach war ich nämlich gar nicht und vor allem auch nicht so eingeschüchtert.
Er ignorierte mich, sofern man es so nennen konnte, denn, auch wenn er mir die gewünschte Antwort nicht gab, so starrte er mich dennoch ununterbrochen an.
„Hallo? Ich rede mit dir!“ Ich wagte einen erneuten Versuch, mit mehr Nachdruck meinerseits.
Ein genervter Seufzer – ich bildete mir ein, darin eine Portion Schadenfreude zu hören – drang zu mir durch, während er ein gleichgültiges „Ruhe!“ von sich gab.
Mein Herz schlug schneller und ich fühlte, wie sich Unverständnis und vor allem Wut in mir ausbreiteten. Was sollte das ganze Theater hier? Er konnte mich nicht einfach so behandeln, wie er es gerade tat. Das würde ich mir nicht gefallen lassen.
„Hör mir mal zu. Was auch immer das hier werden soll, ich mache definitiv nicht länger mit, bevor du nicht meine Fragen beantwortet hast!“ Einen Moment lang war ich richtig stolz darüber, wie normal ich trotz meiner aktuellen Gefühlslage geklungen hatte, aber letztendlich hoffte ich nur, dass es eine Wirkung hatte.
Er lehnte seinen Kopf ein wenig zur Seite.
„Magst du keine Spielchen? Du darfst auch das Spielzeug sein.“ Er hielt einen Augenblick inne, in seinem Blick spiegelte sich eine gewisse Zufriedenheit. „Aber seit wann stellen Spielzeuge denn Fragen?“
Das war zu viel, er hatte damit jegliche Grenzen überschritten und meine Geduld war am Ende.
„Sag mal, hast du sie nicht mehr alle?“, schrie ich, während ich meine Hände links und rechts neben mir auf den Boden presste, um schneller aufstehen zu können.
„Du …“ Plötzlich spürte ich etwas tief in mir, eine Stimme, eine Warnung, ein Gefühl, welches langsam von meinem Magen aus nach oben schlich. Ich fragte mich, ob ich gleich ohnmächtig werden würde, aber dann verstand ich, dass es wohl am Adrenalin lag, das gerade durch meinen Körper schoss und dazu führte, dass mir schwindelig wurde.
Weder sein Gesicht noch das breite Grinsen in diesem schienen mehr wichtig, meine Augen waren nur auf das fixiert, was er in seiner Hand hielt. Eine schwarze Pistole, direkt auf mein Gesicht gerichtet.
„Sei still!“ Er sprach ruhig und voller selbstgefälliger Ernsthaftigkeit. „Und wage es ja nicht, dich zu bewegen.“ Ich lehnte mich zurück, legte meinen Kopf an die Wand und versuchte, den Mann zu ignorieren, der mich weiterhin mit einer Waffe bedrohte. In Gedanken versuchte ich zurückzugehen, etwa 15 Minuten, an den Zeitpunkt, an dem dies alles begonnen hatte.
Es war ein ganz gewöhnlicher Nachmittag, relativ spät zwar schon, aber ich hatte mir gerade überlegt, dass ich ein bisschen einkaufen gehen könnte. Ein paar Läden durchstöbern, Menschen beobachten und Kaffee trinken, das verbesserte meine Laune meist binnen kürzester Zeit.
Beim Verlassen meines Hauses fiel mir der alte blaue Transporter, der gegenüber parkte, auf. Ich wohnte nicht gerade in einer besonders belebten Gegend, jeder kannte jeden und jeder noch so kleine Schritt wurde von irgendwelchen Nachbarn bemerkt und gleichermaßen ver- oder zumindest beurteilt. Es war eben ein reines Wohngebiet und der Transporter fügte sich nicht ins übliche Bild ein. Erneut warf ich einen Blick auf das Auto, sah den Fahrer, der offensichtlich keine Eile hatte, sondern etwas gelangweilt in einer Zeitung zu blättern schien. Ein Mann mittleren Alters, vielleicht machte er Pause.
Plötzlich war ich entsetzt über mich selbst – wie erbärmlich war das denn? Hatte ich mir eben wirklich Gedanken über ein Auto in meiner Straße gemacht? Es sollte mir egal sein, schließlich verabscheute ich Leute, die dauernd alles im Blick haben mussten und sich allzu gern als Sheriff aufspielten.
Kopfschüttelnd schloss ich das Gartentor hinter mir und schlenderte auf mein Auto zu. Ein leises Klicken öffnete die Zentralverriegelung und das Licht im Innenraum leuchtete auf.
„Hallo!“ Eine Stimme aus dem Nichts erschreckte mich und sofort wendete ich mich ihr zu.
Ich traute meinen Augen nicht. War er das wirklich? Mein ehemaliger Bekannter Ryan? Ryan aus Irland? Spontan beschloss ich, meine Gedanken erst mal zu ordnen, bevor ich weiter abdriften würde und ihn stattdessen einfach zu fragen.
„Ähm … Hallo“, antwortete ich höchst sinnvoll, „habe ich eine Halluzination, oder stehst du wirklich vor mir?“
Er lächelte etwas verlegen, dann verdunkelte sich sein Gesichtsausdruck leicht.
„Können wir reden?“
„Reden?“ Ich war skeptisch. „Worüber willst du denn reden?“
Natürlich war mir klar, dass ich log, denn es gab mehr als genug, worüber wir hätten reden können und sollen und ich wollte das ja eigentlich auch. Wie oft hatte ich schließlich die letzten Monate vergeblich versucht, ihn zu erreichen, aber er war regelrecht abgetaucht. Nun stand er vor mir, in Fleisch und Blut. Ich war mir unsicher, ob mich das freuen sollte oder meine Verwirrung darüber im Vordergrund stand.
„Über uns. Es gibt so vieles, was ich dir sagen will.“

Im Kindle-Shop: Forever Yours - Gefangen. Sein..
Mehr über und von Morgan Stern auf ihrer Website.



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29. März 2018

'Projekt Optarmis: Gesamtausgabe' von Gerd Hoffmann

Kindle (unlimited)
Drill, schmerzhafte Experimente, harte Strafen.

Dies ist das Leben, das eine Anzahl Kinder und Jugendliche führen, deren Eltern den Fehler begangen hatten, sich in die Hände von Professor Bergström und seinem medizinischen Institut zu begeben. Als Jahre später ein Einsatz fehlschlägt, wird das Projekt Optarmis für gescheitert erklärt. Durch einen glücklichen Zufall gelingt es zwei Jugendlichen aus dieser Versuchsreihe, ihren Häschern zu entkommen.

Doch die Männer und Frauen, die hinter diesem Projekt stehen, sind nicht gewillt, Beweise für ihre Experimente am Leben zu lassen. Nach vielen Jahren auf der Flucht sehen die beiden jungen Erwachsenen eines Tages die Chance, ihre Verfolger endlich abzuschütteln. Doch ihre Vergangenheit lässt sie so schnell nicht los.

Diese Gesamtausgabe enthält die Einzeltitel "Ascension", "Eugenoi" und "Morituri".

Leseprobe:
Das Restaurant war, wie immer um die Mittagszeit, gut besucht. Es war bei allen Altersklassen beliebt, da die Besitzer große und qualitativ ansprechende Portionen zu günstigen Preisen anboten. Auch der junge Mann, der gerade an einem Fensterplatz saß und in einer Zeitschrift blätterte, war nicht zum ersten Mal Gast in diesem Lokal. Dennoch hätte keiner der anderen Stammgäste sagen können, dass ihnen an dem Mann etwas Besonderes aufgefallen wäre. Mittelgroße Statur, dunkelblonde Haare, sportlich leger gekleidet, vielleicht Anfang bis höchstens Mitte zwanzig. Nur die Kellnerin würde aussagen, dass ihr seine Augen vom ersten Moment an aufgefallen wären. Sie hätten nicht zu seiner jugendlichen Erscheinung gepasst, sondern irgendwie hart und alt gewirkt. Der junge Mann legte die Zeitschrift auf den Tisch, nahm die vor ihm stehende Zitronenlimonade und ließ die kleinen Eiswürfel im Glas leise klirren. Gleichgültig warf er hin und wieder einen Blick durch das Fenster auf den Häuserblock schräg gegenüber. Schließlich schloss er die Illustrierte, trank seine Limonade aus und legte ein paar Geldscheine auf den Tisch.
»Bis morgen!«, tönte der Abschiedsgruß der Kellnerin hinter ihm her.
Grüßend hob der Mann eine Hand, bevor er das Restaurant verließ. Vor der Tür wandte er sich nach rechts und folgte der Straße, ohne sich noch einmal umzudrehen. Es war wieder einmal an der Zeit.

***

»Darf es sonst noch etwas sein?«
»Nein danke, das wäre dann alles!«
Die junge Verkäuferin hinter dem Tresen packte der Kundin das verlangte Brot in eine Papiertüte, nahm das abgezählte Geld in Empfang und wünschte der Frau noch einen schönen Tag. Sie blickte der Kundin hinterher, bis diese die Ladentür hinter sich schloss, und lauschte dem Klang der Türglocke nach. Sie mochte diesen Job. Obwohl sie den zwanzigsten Geburtstag noch nicht erreicht hatte, hatte sie bereits mehr Arbeits- und Aushilfsstellen hinter sich, als so manch anderer, der mehr als doppelt so alt war. Und nur wenige waren so ruhig und friedlich gewesen. Mit ihrem Vorgesetzten Mr. Gruber, dem diese kleine Bäckerei gehörte, kam sie sehr gut aus. Er arbeitete hauptsächlich in der Backstube und überließ den Verkaufsraum komplett in ihrer Obhut, was ihr ausnehmend gut gefiel. Zufrieden sah sie sich in dem kleinen Raum um. Sie hätte nichts dagegen, wenn es noch recht lange so weitergehen würde. Sie hatte sich gerade umgedreht, um die Auslagen hinter sich ein wenig neu zu arrangieren, als sie in ihrem Rücken die Türglocke hörte. Mit einem für die Kunden reservierten freundlichen Lächeln drehte sie sich um. Doch als sie den Mann sah, der den Laden betreten hatte, gefror das Lächeln auf ihren Lippen.
»Wir müssen los!«
Mehr sagte er nicht, doch sie begriff auch so, dass ihr kleiner Wunsch von vorhin nicht in Erfüllung gehen würde. Ohne ein weiteres Wort zog sie den Arbeitskittel aus, den sie über ihrer Kleidung trug, und folgte dem Mann auf die Straße.
»Können wir noch in unsere Wohnung, Cid?«, fragte sie ihren Begleiter, der aber den Kopf schüttelte.
»Nein, Jessica, sie beobachten den Eingang. Wir müssen sofort verschwinden. Ich habe drei Teams gezählt und wer weiß, wie viele noch in der Nähe der Stadt stationiert sind oder in Bereitschaft gehalten werden.«
Sie gingen zügig, aber nicht so schnell, dass es auffällig gewesen wäre, durch kleinere Straßen und Nebengassen in Richtung Bahnhof.
»Meinst du nicht, dass sie auch den Bahnhof überwachen?«, fragte die Frau besorgt. »Du erinnerst dich doch noch bestimmt an Salt Lake City, oder? Wir sind nur ganz knapp entkommen und auch nur, weil wir ausnahmsweise einmal das Glück auf unserer Seite hatten.«
»Natürlich erinnere ich mich noch daran!«, erwiderte Cid halb entrüstet. »Aber damals haben sie auch acht oder noch mehr Teams eingesetzt. Diesmal sind es anscheinend bedeutend weniger Agenten, die mit der Observierung beschäftigt sind. Sie wissen wohl nicht genau, ob wir tatsächlich in dieser Stadt sind.«
»Vielleicht hat Ascension auch nicht mehr genug Geld übrig und muss deshalb sparen«, versuchte die Frau, einen kleinen Witz zu machen.
Der junge Mann ging auf diese Bemerkung nicht ein, sondern spähte um eine Häuserecke. Dort am Ende der Straße lag der Bahnhof. »Die Luft ist rein«, sagte er nach einer kleinen Weile. »Ich kann keine Agenten ausmachen.«
Zügig, aber trotzdem unauffällig nach allen Seiten spähend, gingen sie die Straße hinunter und betraten das Bahnhofsgebäude.
»Kannst du irgendetwas Verdächtiges hören?«, erkundigte sich Cid in der Bahnhofshalle, während er den Fahrplan studierte.
Die Eugena schloss die Augen, als ob sie sich besonders konzentrieren wollte. Nach einer Weile entspannte sie sich und öffnete wieder ihre Augen. »Nein, Cid, keine verdächtigen Gespräche oder Signale. Auch kein Hubschrauber in der näheren Umgebung.« Der Mann stieß einen kleinen, erleichterten Seufzer aus. »Wahrscheinlich haben wir gerade noch einmal Glück gehabt.« »Klar, wir haben wirklich unheimliches Glück gehabt!«, erwiderte Jessica mit nicht zu überhörender Verbitterung in der Stimme. »In unserer Wohnung liegen all die Kleinigkeiten, die wir in den letzten vier Monaten gekauft haben, und die wir nicht mitnehmen können. Wir müssen schon wieder vor diesen Schweinehunden davonlaufen und erneut versuchen, für ein paar Wochen oder Monate irgendwo unterzutauchen. Das würde ich auch auf jeden Fall als Glück bezeichnen. Cid, ich habe es einfach so satt!«
Der Mann legte ihr tröstend einen Arm um die Schultern. »Ich weiß, mein kleines Schwesterchen, ich weiß. Mir fällt es auch nicht leicht, diese Stadt zu verlassen. Ich hatte gerade angefangen, mich hier irgendwie heimisch zu fühlen. Aber was gibt es denn für Alternativen? Wenn sie uns schnappen, landen wir wieder bei Ascension - falls sie uns nicht sofort liquidieren. Und wenn sie uns lebend gefangen nehmen ... du weißt, was diese Schweine mit uns anstellen würden!«
»Ich weiß es«, seufzte die Frau leise. »Wie könnte ich jemals vergessen, was sie mit unseren Freunden ... es ist ja nur so ... Ich dachte, nach all den Jahren würden sie endlich einmal mit der Suche aufhören und uns in Ruhe lassen! Jedes Mal, wenn ich für ein paar Wochen keinen von diesen Agenten zu Gesicht bekomme, dann hoffe ich, dass sie es endlich aufgegeben haben.«
»Sie werden nie aufgeben, Jessica!«, erwiderte der Mann bitter. »Wir sind viel zu gefährlich für Ascension! Wenn herauskommt, was diese Verbrecher alles mit uns ...«
Er brach ab und deutete stattdessen auf die Anzeigetafel, auf der der nächste Zug angekündigt wurde. »Den können wir nehmen. In fünfzehn Minuten sind wir hier weg und auf dem Weg nach Charlotte. Dort steigen wir aus und suchen uns eine Unterkunft für die Nacht.«
Während die Frau noch Cid hinterherblickte, der zum Schalter ging, um zwei Fahrkarten zu kaufen, drang etwas Beunruhigendes an ihr Ohr. Satzfetzen, Funkgeräusche, Wörter. Sie waren hier, auf dem kleinen Vorplatz am Bahnhof. Sie wussten Bescheid. Ascension wusste, dass sie hier waren! Rasch ging sie Cid entgegen, der gerade mit den Fahrkarten vom Schalter zurückkehrte.
»Sie sind hier. Sie warten noch auf Verstärkung, bevor sie uns schnappen wollen!«
Alarmiert spähte der Mann durch die Scheiben der Ausgangstür nach draußen. »Zwei Typen an einem blauen Chrysler, die sich höchst unauffällig die Gegend ansehen«, meldete er Jessica das Ergebnis seiner Untersuchung.
»Damit entfällt wohl die kleine Zugfahrt, die wir unternehmen wollten«, sagte die Frau ironisch. »Auf dem Parkplatz hinter dem Bahnhof können wir uns bestimmt einen kleinen Wagen organisieren und von hier verschwinden.«
Jessica wollte schon den Bahnhof in Richtung Parkplatz verlassen, als Cid sie zurückbeorderte.
»Wir brauchen auch Waffen. Sie werden uns bestimmt verfolgen.«
»Hast du irgendwo ein Waffenversteck, von dem ich nichts weiß?«
Cid schüttelte bedauernd den Kopf und deutete mit seinem Daumen in Richtung Ausgang. »Ich kenne aber zwei Herren, die uns bestimmt gerne ihre Waffen überlassen werden.«
»Was drückst du dich heute wieder gewählt aus, Cid«, musste die Frau trotz der unangenehmen Lage schmunzeln.
Als sie an der Ausgangstür angelangt waren, warf sie einen Blick auf den Chrysler und merkte, wie das Adrenalin langsam in ihr hochkochte. »Vorsichtig oder draufgängerisch?«, fragte sie ihren Bruder.
»Draufgängerisch! Sie werden vermutlich wissen, wie wir ungefähr aussehen und ich möchte keine Zielscheibe abgeben.«
Jessica nickte zum Zeichen ihres Einverständnisses. »Auf drei! Eins ... zwei ... drei!«

Im Kindle-Shop: Projekt Optarmis: Gesamtausgabe.
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'Sein Gelübde: Ein Eifel-Thriller' von Sabine Giesen

Kindle Edition | Tolino
In der Eifelregion versetzt seit den 1970er Jahren eine Mordserie die Menschen in Angst. Die Opfer sind alte und junge Frauen und Männer. Die Polizei steht vor einem Rätsel. Was haben die Toten gemeinsam?

Vier junge Menschen lernten sich damals kennen. Aus ihnen wurden zwei Familien. Doch jemand hat sich geschworen, leidenden Menschen zu helfen. Dieses Gelübde gilt bis heute …


Leseprobe:
Er liebte die Nachtschicht an der Tankstelle. Sein erster Job. Er verdiente nicht viel, aber es reichte für ein möbliertes Zimmer. Eine Zwischenstation auf dem Weg zur Verwirklichung seiner Vorstellungen.
Die Tankstelle lag in Nähe der Autobahn und so fanden sich auch nachts immer wieder Fahrzeuge ein, deren Fahrer nicht nur Benzin benötigten, sondern oft auch etwas trinken und essen wollten. Dennoch war es eine ruhige Arbeit. Sonst hätte er sich nicht so intensiv um die Mutter mit ihrem weinenden Baby kümmern können.
Der Duft ihres Parfüms stieg wieder in seiner Erinnerung auf. Ein holziger Duft. Aufdringlich.
Ganz anders das Baby. Ihm haftete ein sauberer, unschuldiger Geruch an. Es war noch unberührt von der Welt. Kannte weder Gutes noch Böses, weder Wahrheit noch Lüge. Es hatte nur sich und seine kleine Welt. Hunger, Durst, Müdigkeit bestimmten den Tagesablauf. Das Baby bewertete nichts. Es lernte mit jedem Atemzug, erforschte und erkundete seine Welt, die jeden Tag ein Stückchen wuchs – so wie es selbst. Unschuldiges Kind.
Schuldige Mutter. Vergaß, ihrem Kind Essen mitzunehmen.
Der Duft ihres Parfüms verursachte ihm Brechreiz.
Sie drückte das vor Hunger weinende Baby an ihre Brust und schaukelte es sanft, während sie beruhigend auf das Kind einredete.
»Gleich, mein Schatz. Psst …«
Sie küsste das Kind auf die Stirn und sah ihn hilfesuchend an. »Haben Sie etwas zu essen?«
Er blickte sich um, überlegte. Er konnte Reisenden ein Würstchen warm machen oder ein Butterbrot zubereiten. Nicht das Richtige für ein Baby. Er ging mit den beiden zu den Regalen, die vor der Kasse aufgestellt waren. Hauptsächlich fanden sich Autoartikel wie Scheibenwischerblätter, Glühkerzen, Batterien und Ähnliches, aber auch einige wenige Lebensmittel.
Außer Zwieback fanden sie nichts für das Kind. Im fiel ein, dass er eine Banane in seiner Butterbrotbox hatte, und bot sie der Frau an. Sie lächelte ihn an. »Danke. Das ist sehr freundlich von Ihnen.«
Hinter der Kassentheke befand sich ein kleiner Aufenthaltsraum, in den er die Frau führte. Das Zimmer war spärlich eingerichtet. Ein kleiner Tisch, Stühle, eine Anrichte mit einer Kochplatte und einem Wasserkocher für die Zubereitung von Kaffee. In der Anrichte befand sich etwas Geschirr und Besteck, das von überall zusammengetragen worden war. Im Schrank fand sich noch ein Rest Milch, den er in einem Kochtopf aufwärmte.
Die Frau setzte sich auf einen der Stühle und wiegte das schreiende Kind in ihren Armen.
Aus der aufgewärmten Milch, einem darin aufgeweichten Zwieback und der bräunlich gefleckten Banane bereitete er mit einer Gabel auf einem tiefen Teller einen Brei zu und reichte der Frau das Essen.
Sie lächelte ihn an, nahm den angebotenen Löffel und er berührte dabei ihre Hand. Blitze schossen durch seinen Körper.
Fühlen. Ein leichter Schweißfilm bedeckte die glatte und kühle Haut ihrer Hand. Seine Nackenhärchen stellten sich auf und ein Schauer lief seinen Rücken hinab.
Riechen. Ihr Parfüm schien sich in dem geheizten Zimmer zu intensivieren. Tief einatmend, nahm er den holzigen Geruch in sich auf. Sie gab dem Kind einen Löffel des Breis. Der Geruch der überreifen Banane berührte seine Geruchsnerven.
Hören. Sein Herzschlag. Das leise Schmatzen des Kindes, das Eintauchen des Löffels in den Brei.
Für wenige Sekunden schien der Raum zusammenzuschrumpfen und die drei Menschen in ein Vakuum zu hüllen.
Er war wieder klein. Spürte tief in sich einen glühenden Feuerball, der durch seinen Körper floss und ihn verbrannte. Hörte eine Stimme, die auf ihn einschrie, hell und schrill, spürte eine kalte Hand auf seinem Nacken und spitze Knochen an seinen Beinen. Sah ein Gesicht, so nah. Er suchte nach einem Lächeln. Wärme.
Sie drückte den Löffel mit dem lauwarmen Brei an seine geschlossenen Lippen. Doch er presste die Lippen fester zusammen, wollte nicht essen. Stieß ihre Hand unbeholfen weg.
Sie hatte damit nicht gerechnet und ließ den Löffel fallen. Er landete auf dem Dielenboden und der Brei verteilte sich darauf.
Ihre Hand griff fester zu. Ihr Körper spannte sich an. Sie fasste ihn unter den Achseln, stand auf, hob ihn hoch, schüttelt ihn heftig. Brüllte ihn an.
Der Feuerball hatte ihn komplett erfasst. Kalte Asche war alles, was von ihm blieb. Und von ihr.
Der Raum nahm wieder Gestalt an.
Die Mutter hatte das Kind gefüttert. Jetzt hatte sie es mit dem Kopf an ihre Schulter gelehnt im Arm und klopfte leicht auf dessen Rücken. Nachdem das Kind aufgestoßen hatte, stand sie auf und wollte das Geschirr zur Spüle tragen.
Er hinderte sie daran. Sie sah ihm in die Augen. Erst lächelnd, dann erstarrte ihr Gesicht. Sie fühlte es. Seine innere Kälte, die seinen Körper beherrschte.
Er spürte die Angst, die Gestalt in ihr annahm. Sah ihr Begreifen, dass sie sich in Gefahr befand.
Ihr Blick huschte kurz zu ihrem Kind. Sie drückte das Baby fester an sich. Nahm ihren Mut zusammen, schüttelte leicht ihren Kopf, als ob sie damit ihre Ahnung hätte abschütteln können, und wollte an ihm vorbei den Pausenraum verlassen.
»Vielen Dank für Ihre Hilfe.« Ihre Stimme zitterte leicht. »Ich muss jetzt weiter.«
Er rührte sich nicht, blieb vor der angelehnten Tür stehen und griff mit seiner linken Hand hinter sich, packte den Türgriff und zog die Tür zu.
»Bleiben Sie noch«, lächelte er sie an.

Im Kindle-Shop: Sein Gelübde: Ein Eifel-Thriller (Krimi 45).
Für Tolino: Buch bei Thalia
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28. März 2018

'Erbin der Zeit: Die Schlacht von Pyrinas' von Xenia Blake

Kindle Edition | Tolino | Taschenbuch
Xaenym Davine führt ein perfektes Leben. Aber an ihrem 16. Geburtstag erfährt sie, dass alles eine Lüge war. Denn Xaenym ist keine normale Sterbliche. Ihr Vater ist der Titan Chronos. Und an den Sagen aus der griechischen Antike ist mehr dran, als sie je gedacht hätte.

Bevor sie sich versieht, gerät sie in eine Welt voller Gefahren, wo Halbgötter gegen Monster kämpfen und schwierige Missionen antreten. Schon bald machen sie und ihre neuen Freunde sich auf den Weg zu einer sagenumwobenen Insel und müssen dabei zahlreichen Gefahren trotzen.

Erster Teil der Fantasy-Trilogie "Erbin der Zeit".

Leseprobe:
Xaenym
Wenn ich im letzten Jahr etwas gelernt habe, dann, dass Gefühle einerseits Stärke bedeuten, andererseits aber auch der Schwachpunkt jedes Menschen sind.
Als mich eines Morgens ein schrilles Piepen aus dem Schlaf riss, schlug ich genervt mit meinem Kissen nach dem Wecker, der mit einem Knacken den Geist aufgab. Ich hievte mich aus dem Bett und ging in mein kleines Bad, um mir dort eiskaltes Wasser ins Gesicht zu spritzen. Zwei grünbraune Augen blickten mich aus dem Spiegel an, umrahmt von rotbraunen, gewellten Haaren, die mir sanft auf die Schultern fielen. Ich lächelte. Mein Name war Xaenym Davine und mein Leben war perfekt. Mit meinen hübschen Haaren, außergewöhnlichen Augen und weichen Gesichtszügen galt ich in der Schule als das schönste Mädchen. Meine Mutter hatte viel Geld und ich hatte einen Freund, Zack, den Quarterback im Footballteam unserer Schule. 16 Jahre alt wurde ich heute, allerdings hielt sich meine Vorfreude in Grenzen. Genaugenommen gab es nur eine Sache, die ich an Geburtstagen mochte: den Teil der Geschenke, mit dem man etwas anfangen konnte. Bedauerlicher Weise war der nie besonders groß. Jedes Jahr hört man sich etliche Glückwünsche an und nimmt schreckliche Geschenke entgegen, nur um zu feiern, dass man Jahr für Jahr älter wurde.
Schnell zog ich mir ein gelbes T-Shirt sowie einen kurzen, schwarzen Rock an und schlich aus meinem Zimmer, doch ich wurde von einer heftigen Umarmung aufgehalten. „Happy Birthday!“, rief meine Mutter Annie aufgeregt. Sie war eine außergewöhnliche Schönheit. Schwarze Locken fielen ihr bis zum Kinn und leuchtend blaue Augen ließen ihre Züge geheimnisvoll aussehen. Ein knielanger Rock schmiegte sich um ihre Beine, der gut zu ihrer zierlichen Figur passte.
Ich wurde mit geschlossenen Augen in unsere Küche geführt, wo eine schiefe, leicht verbrannte Torte, umgeben von kleinen Geschenktüten, in denen ich hauptsächlich Schmuck vorfand, auf mich wartete. Dass meine Mutter gebacken hatte, war ein Wunder. Annie trug rund um die Uhr Hosenanzüge oder schicke Blusen und lief dauernd wegen irgendwelcher Unterlagen für ihre Arbeit als Anwältin durch die Wohnung. Ich konnte mich nicht erinnern, sie jemals kochen oder backen gesehen zu haben. Mit entschuldigendem Lächeln, sagte ich, dass ich spät dran sei, um der Torte zu entkommen und rannte, weil ich nicht ganz gelogen hatte, hastig zur Bushaltestelle. Gerade so erwischte ich den uralten Schulbus, in dessen Innerem ich mich erschöpft auf einen Sitz fallen ließ. Plötzlich tauchte neben mir meine beste Freundin Catherine auf und erschreckte mich zu Tode.
„Musst du dich immer so anschleichen?“, meckerte ich.
„Schlechte Laune? Kein Problem, das hier wird dich deutlich aufheitern“, verkündete sie strahlend und reichte mir ein zerknittertes Päckchen, das ich in meine Schultasche stopfte.
„Danke. Ich öffne es später“, meinte ich, während ich einige Geschenke und Glückwünsche von ein paar Kids aus den hinteren Sitzreihen entgegennahm, die nun nach vorne schlurften und mir diese überbrachten. Natürlich hatte ich weder eine Ahnung, wer sie waren, noch wieso sie mir etwas schenkten, doch da ich ziemlich beliebt war, lief das jedes Jahr so ab. Fremde Kinder schenkten mir Nagellack, meine Freunde ebenfalls und Zack versuchte es mit Gutscheinen. Ich wusste nicht, ob er mich wirklich liebte. Unsere Beziehung beruhte eher auf der Tatsache, dass die beiden beliebtesten Leute der Schule einfach zusammen sein mussten. Aber ich mochte Zack. Ich mochte meine Freunde. Ich mochte mein Leben. Und gegen Gutscheine konnte man auch nichts einwenden.
Mit quietschenden Reifen hielt der Bus und alle Schüler drängten sich zum Ausgang. In der ersten Stunde hatte ich Mathe mit Catherine, also schlenderten wir gemeinsam zum Raum und setzten uns auf unsere Plätze. Die ganze Stunde starrte ich Löcher in die Luft und Mr. Bree, unser Lehrer, war tatsächlich so freundlich mich einfach in Ruhe zu lassen, statt mir irgendwelche Fragen zu stellen, auf die ich ohnehin keine Antwort gewusst hätte.
Bald wurde ich endlich durch die Pausenklingel erlöst und als ich aus dem Raum ging, griff jemand nach meinem Arm. Instinktiv holte ich aus und schlug nach demjenigen. Doch er duckte sich weg und lachte.
„Was ist denn los, Xae?“ Ich erkannte Zacks Stimme und beruhigte mich ein wenig. Als ich herumfuhr und ihn ansah, grinste er mich breit an.
„Du … du hast mich erschreckt“, erklärte ich knapp. Er schenkte mir ein Päckchen, das ich ebenfalls in meinen Rucksack stopfte, und küsste mich kurz. Verwirrt begab ich mich zum Englischunterricht. Warum war ich heute so schreckhaft? Kopfschüttelnd verließ ich den Raum.
Vielleicht lag es daran, das mir meine Mutter heute endlich von meinem Vater erzählen würde. Ich hatte ihn nie kennengelernt, doch meine Mom sagte mir immer, er hätte wegen eines Jobs wegziehen müssen. Allerdings glaubte ich, dass das einem Code für ‚Er ist im Gefängnis‘ entsprach und erhoffte mir somit nicht viel vom Namen, den Mom mir heute nennen wollte. Trotzdem war ich neugierig und konnte den Schulschluss kaum erwarten, der noch länger auf sich warten ließ als sonst, weil ich heute ausnahmsweise eine Stunde länger Unterricht hatte.
Als es endlich soweit war, stürmte ich aus dem Klassenzimmer und ging zu Fuß, statt mit dem Bus zu fahren, da ich niemandem mehr begegnen wollte. Ich fühlte mich schon seit einigen Stunden irgendwie schutzlos und beobachtet, mein Herz schlug wie wild und ich hatte mich durch so ziemlich alles erschrecken lassen: herunterfallende Stifte, sich öffnende Türen und andere vollkommen unerschreckende Dinge.
Vielleicht habe ich ja Fieber, dachte ich und berührte meine Stirn. Tatsächlich war sie brühend heiß, obwohl ein kühler Frühlingswind wehte und die Sonne nur vereinzelte Strahlen durch die dicke Wolkendecke sandte. Es würde wohl das Beste sein, wenn ich schnell nach Hause lief und mich dort ein wenig ausruhte.
Als ich ankam, rannte ich die Treppe hinauf und betrat die Wohnung, die seltsam leer wirkte. „Mom?“, rief ich, doch niemand antwortete. Alles befand sich noch genau da, wo es heute morgen gewesen war: die Tasse auf der Kommode im Flur, die Vase auf dem Kühlschrank, die ich kurz dort abgestellt und seit Tagen nicht weggeräumt hatte. Ein unbehagliches Gefühl beschlich mich. Mein Puls raste.
Leise schlich ich in mein Zimmer, wo ein kleines Kästchen auf meinem Bett lag. Mit zitternden Händen öffnete ich es und fand darin als erstes ein Foto. Es zeigte meine Mutter und einen etwa 25-jährigen jungen Mann mit hellbraunen Haaren und seltsamen Augen, die mich an flüssiges Gold erinnerten. Mom sah jünger und wesentlich glücklicher aus. Ihre Haare waren länger und sie trug eine schreckliche, grüne Strickmütze. Ich legte das Foto beiseite, nahm einen weißen Umschlag aus dem Kästchen und las den darin enthaltenen Brief:
Xaenym, es tut mir alles so schrecklich Leid. Dein ganzes Leben lang habe ich dir Informationen über deinen Vater vorenthalten. Auch jetzt bringe ich es nicht über mich, dir alles in diesem Brief zu erklären. Du wirst es bald verstehen. Ich weiß nicht, was heute geschehen wird, aber du musst unbedingt bevor du wirklich 16 Jahre alt wirst zu unserer Nachbarin Mrs. Neel und ihr diesen Brief geben. Du musst vor 15:17 Uhr dort eintreffen oder du gerätst in schreckliche Gefahr. Vertrau Sivah und halte sie nicht für verrückt, denn was sie sagt ist wahr.
Nun zu deinem Vater: Wie du sicher erraten hast, ist es der Mann auf dem Foto. Als ich in einem Café gearbeitet habe, lernte ich ihn kennen. Damals war ich gerade mal 20 Jahre alt. Er hat einen Espresso und ein Stück Kirschkuchen bestellt. Dann fragte er mich nach einem Date und es lief viele Wochen alles perfekt zwischen uns.
An dieser Stelle sah ich gewellte Flecken auf dem Papier; hier hatte meine Mutter weinen müssen.
Doch dann wurde ich schwanger und unser kleines Paradies drohte einzustürzen. Er erzählte mir das, was du bald auch erfahren wirst und wieso er weg musste; ich war geschockt. Ich wollte dich beschützen, schließlich warst du alles, was mir noch geblieben war. Ich konnte dich nicht auf ewig verstecken, aber ich wollte es versuchen, obwohl klar war, dass du spätestens mit 16 alles erfahren wirst. Sivah wird dir alles genauer erklären. Geh mit ihr nach Titansvillage und lass dich ausbilden. Sei tapfer, Xaenym. Du hast es im Blut.

Im Kindle-Shop: Erbin der Zeit: Die Schlacht von Pyrinas.
Für Tolino: Buch bei Thalia
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27. März 2018

'Tod von oben' von Jürgen Ehlers

Kindle Edition | Tolino | Taschenbuch
In einer Sommernacht des Jahres 1941 beobachtet die 19-jährige Sofieke, wie ein Fallschirmagent in den besetzten Niederlanden landet. Der Student Gerhard soll für die Engländer spionieren. Er wird jedoch sofort festgenommen. Gerhard entgeht der Hinrichtung nur, indem er sich zum Schein bereiterklärt, als Doppelagent für die deutsche Spionageabwehr zu arbeiten.

Arthur Seyß-Inquart, der mächtigste Nazi in den Niederlanden, ist Gerhards Nennonkel. Seine fröhlich-naive Tochter Dorli zeigt ihm den Palast, in dem sie jetzt wohnt. In dem hauseigenen Kino führt sie ihm die Wochenschau-Aufnahmen von der wunderbar versöhnlichen Rede vor, die ihr Vater bei der Amtseinführung vor einem Jahr gehalten hat. Sie ist stolz auf ihren Vater. Weder Gerhard noch sie ahnen, dass der Reichskommissar auch eine ganz andere, dunkle Seite hat.

Durch Zufall treffen Gerhard und Sofieke wieder aufeinander. Zwischen den beiden entwickelt sich eine Liebesbeziehung. Aber die beiden sind in größter Gefahr. Ihre Gegenspieler in der SS schrecken vor nichts zurück.


Leseprobe:
Als Gerhard am Morgen in die Dienststelle kam, lag auf seinem Schreibtisch eine Ausgabe der Het Parool vom 17. Juni 1942. Christmann verfügte über seine V-Leute über Beziehungen zum Untergrund, und er schaffte es fast immer, die illegalen Zeitungen zu besorgen. Aufgeschlagen hatte er die Seite 5, auf der er einen kleinen Artikel rot umrandet hatte:
Der größte Bluthund aus Himmlers SS-Bande, sein Unterbefehlshaber Heydrich, wurde auf das tschechische Volk losgelassen und hat dort als ein tierisches Ungeheuer gewütet. Mit einigen Revolverschüssen haben ihm zwei tschechische Patrioten ein Ende bereitet. (...) Heydrich hat jetzt das Schicksal ereilt, das auch auf all die anderen Tyrannen wartet. Auch sie werden so fallen ...
Von dem Anschlag auf Heydrich hatte Gerhard natürlich schon gehört.
»Auch die anderen werden so fallen«, sagte jemand hinter ihm. Gerhard fuhr herum. Er hatte nicht gehört, wie Christmann hereingekommen war. »Dein Freund Seyß-Inquart könnte der Nächste sein!«
»Er ist kein Bluthund«, widersprach Gerhard.
»Bist du dir da so sicher?«
Gerhard hielt es nicht für nötig, auf diese Frage zu antworten.
»Ich habe noch etwas anderes für dich«, sagte Christmann. Er legte ein Foto auf den Tisch.
Das Bild zeigte einen Toten, dessen Gesicht vollkommen zerschmettert war. Nur die Kleidung ließ darauf schließen, dass es sich überhaupt um einen Menschen handelte.
»Das ist ja grauenvoll! Warum zeigst du mir das?«
»Damit du weißt, wie das Spiel läuft, Gerhard. Dies ist Hauptmann Hueting ...«
Gerhard erschrak.
»Er war Mitglied vom Ordedienst. Du hast vom Ordedienst gehört?«
»Eine Widerstandsgruppe.«
»Eine ehemalige Widerstandsgruppe. 72 Mitglieder sind am 3. Mai im KZ Sachsenhausen getötet worden. Man hat ihnen nicht den Schädel eingeschlagen, wie du nach dem Foto vielleicht denken könntest, sondern man hat sie durch Genickschuss erledigt, einen nach dem anderen. Lauter Idealisten, genau wie du. Nicht durch unsere glorreiche Polizei zur Strecke gebracht übrigens, sondern durch Verrat. Es waren zwei Niederländer, die ihre eigenen Landsleute ans Messer geliefert haben. Du wirst sie noch kennenlernen. Schreieder arbeitet gern mit den beiden zusammen.«
»Warum muss ich das sehen?«
»Damit du weißt, auf was du dich eingelassen hast. – Ach ja, selbstredend hätte dein Onkel Arthur dieses Massaker verhindern können. Er hat es nicht getan. Er hat auch nicht eingegriffen, als am 11. Mai vierundzwanzig weitere OD-Mitglieder auf dieselbe Weise getötet worden sind. – Wirklich kein Bluthund?«
Gerhard schwieg.
»Du bist ein Idealist, Gerhard. Aber Idealisten sind in diesem Geschäft fehl am Platze.«
»Ich glaube an die Moral. Ich glaube daran, dass es ein Gewissen gibt. Und was das Gewissen einem diktiert, das muss man tun.«
Christmann schüttelte den Kopf. »Es gibt keine Moral, Gerhard. Nicht in unserem Beruf. Und was du als Gewissen bezeichnest, das kannst du vergessen. Seit dem Augenblick, in dem du dich als Agent hast anwerben lassen, warst du verloren. Ich könnte sagen, in dem Augenblick hast du deine Seele dem Teufel übergeben – wenn es denn einen Teufel geben würde. Und eine Seele.«

Im Kindle-Shop: Tod von oben: Liebe und Verrat in den besetzten Niederlanden, 1941-42
Für Tolino: Buch bei Thalia
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'Guten Abend, Clarice! oder warum wir Serienkiller lieben' von Peter Waldbauer

Kindle (unlimited)
Eine Satire über die populärste Subkultur der Neunziger

Das Phänomen Serienkiller beherrscht seit über einem viertel Jahrhundert die Medien. Der Startschuss fiel 1989, als der Roman „Das Schweigen der Lämmer“ von Thomas Harris erschien. Zwei Jahre später wurde das Buch verfilmt mit Jodie Foster und Anthony Hopkins in den Hauptrollen. Der Thriller gewann fünf Oskars und begründete die Kultfigur des Dr. Hannibal Lecter.

Seit Anfang der 1990er Jahre haben unzählige Thriller, als Buch oder Film, den Serienkiller zum Inhalt. 2013 startete die amerikanische Fernseh-Serie „Hannibal“. Das anhaltende Interesse kumuliert auch in einer großen Anzahl von Sachbüchern. Das Thema ist zur zeitlosen Subkultur geworden.

Doch das ausgelutschte Genre der Serienkiller-Bücher und -Filme taugt auch hervorragend als Satire. Über das, was als echter Schauer konzipiert worden ist, kann man sich schrecklich amüsieren. In 29 Kapiteln informiert dieses Buch in schaurig-lustiger Weise über Aspekte des Serienkiller-Themas, aufgelockert durch Exkurse unter der schönen Überschrift „Dr. Lecter plaudert aus der Praxis“. Hier stellt „der Doktor“ uns reale Serienkiller vor und zwar relativ sachlich. Auch gibt es kurze Einschübe, in denen „Hannibal“ (also wieder der Doktor) uns Ratschläge erteilt. Wir sollten ihnen folgen, wollen wir nicht schutzlos den Serienkillern ausgeliefert sein. So ist es kein Zufall, dass die gute Clarice uns schon im Titel begegnet, denn die Inhalte der Hannibal-Lecter-Trilogie ziehen sich als roter Faden durchs ganze Buch.

Leseprobe:
Begriffsdefinition und Abgrenzung
Zu Beginn jeder wissenschaftlicher Auseinandersetzung mit einem Thema (gelehrtendeutsch: Thematik oder Themenbereich) steht die Begriffsdefinition und deren Abgrenzung.

Das sagt der Duden:
„Se/ri/en/kill/er“, der;
ugs. für Serienmörder; lateinisch: homo serienkillus;
beinahe ausnahmslos männlichen Geschlechts;
begeht eine Reihe gleichartiger Morde aufgrund von Obsession (sog. Zwang zur Serie);
juristische Klassifizierung unter § 211, StGB (Mord);
psychiatrische Klassifizierung als Psychopath oder Soziopath; Gewaltstraftäter;
leitet an emotionaler Fehlfunktion und verminderter sozialer Anpassung;
erfolgreiche Therapie bisher empirisch nicht belegt;
der gemeine Serienkiller kommt weltweit vor und jagt bevorzugt allein in freier Wildbahn, selten zu zweit; oft tage- und nächtelanges Auflauern der Beute;
aufgrund familiär-sozialer Konditionierung ist die Spezies nicht vom Aussterben bedroht;
man unterscheidet verschieden Oberarten (organisiert, unorganisiert) und Unterarten (sexueller Sadist, Kannibale, Pyromane, etc.)

Verwandte und Bekannte
Da es den Serienkillern so ungeheuer (!) viel Spaß macht und sie einfach nicht aufhören können (siehe Kapitel „Warum morden Serienkiller immer wieder?“), reihen sie sich nahtlos in die Reihe anderer Serienverbrecher ein:
* Serienvergewaltiger
* Seriensteuerhinterzieher
* Serienbankräuber
* Serienfremdgänger
* Serieneinbrecher
* Serienzechpreller
* Serienbrandstifter
* Serienausredenerfinder
* Serienbombenleger
* Serienabmahner
* Serienbittsteller
* Seriendarsteller
* Serienfernsehschauer (Serienjunkies)
* Serienromanschreiber
* Serienbriefabsender
* Serienversager

Der Titel – Wer darf sich überhaupt Serienkiller nennen?
Ist die Bezeichnung „Serienkiller“ eigentlich gesetzlich geschützt oder darf sie jeder ungestraft für sich verwenden, wie zum Beispiel den Titel „Psychologe“?
Mitte der 1970er Jahre, zu Zeiten von David Berkowitz, bezeichnete man Bluttaten, die ohne jede Gewinnabsicht verübt werden und sich daher von „normalen“ Verbrechen unterscheiden, als „Morde an Unbekannten“. Dies traf den Sachverhalt aber nur oberflächlich, denn viele Täter kennen ihre Opfer sehr wohl (ich sage nur: Nachtsichtgerät und Lieferwagen).
1953 ging John Reginald Christie noch als „Massenmörder von Notting Hill” in die Krimimalgeschichte ein. Etwa dreißig Jahren später fing man an, die „Morde an Unbekannten“ wissenschaftlich zu unterscheiden in: Mehrfachmörder, Massenmörder, Spree-Killer und Serienmörder. Bevor wir aber die Haarspaltemaschine anschalten, der Reihe nach:
Der Mehrfachmörder ist einfach ein nichtssagender Oberbegriff, der lediglich andeutet, dass es um mehr als einen Toten geht. Soweit, so gut, bzw. schlecht. Zum Massenmörder adelt einen die Anzahl von vier Toten, es dürfen natürlich auch mehr sein. Wichtig ist, dass der Killer sie an einem Ort und sozusagen in einem Akt tötet.
Typisch dafür ist etwa der Amoklauf in der McDonalds-Filiale oder an Schulen und natürlich ist ein Massenmord, wie wir aus der Geschichte wissen, beliebig steigerbar. Etwas komplizierter sieht die Sache beim Spree-Killer aus, der irgendwo zwischen Massenmörder und dem klassischen Serienmörder anzusiedeln ist. Auch der Spree-Killer bringt mehrere Menschen um, aber an verschiedenen Orten. Allerdings erfolgt das Töten aus einem Ablauf heraus und damit innerhalb relativ kurzer Zeit. Man denke hier an einen Amokfeldzug durch die Stadt oder jemand besucht der Reihe nach sämtliche Leute, die ihn früher in der Schule geärgert haben, um sie aus dem Genschatz der Menscheit zu entfernen.
Beim Serienmörder hingegen liegt zwischen allen Morden ein gewisser Zeitraum (Tage, Wochen oder sogar Monate) und somit ist jede Tötung ein Einzelfall. Was nicht heißen soll, dass ein Serienkiller nicht auch mehrere Menschen am selben Tatort auf einmal umbringen kann, aber zur Serie wird es eben erst dadurch, dass die einzelnen Taten zeitlich relativ weit auseinander liegen. Mindestens solange, bis der Killer sich zwischendurch wieder abgeregt hat.
Auch die Auswahl der Opfer (gezielt oder nicht gezielt) kann bei der Einteilung in die Kategorien eine gewisse Rolle spielen, worauf wir hier aber nicht weiter eingehen wollen, weil es zuviele Mischformen gibt und die Verwirrung auch so schon groß genug sein dürfte.
Was die erforderliche Anzahl angeht, die der Killer erfüllt haben muss, um in den Genuss einer Serie zu kommen, ist die Wissenschaft über das Steinzeitniveau kaum hinausgekommen. Schon unsere Urahnen errechneten die Anzahl ihrer Feinde mittels komplizierter Arithmetik. Diese ging so: eins, zwei, viele. Ab dann begann die Serie.
Hat der Kandidat es also dreimal (oder öfter) geschafft, dann hat er einen staatlich legitimierten Anspruch auf den schönen Titel „Serienkiller“. Diesen kann er sich in Urkundenform offiziell bescheinigen lassen, einrahmen und stolz übers Bett hängen. Umgekehrt muss der Kandidat natürlich höllisch aufpassen, dass er den Titel erst führt, wenn er die erforderliche Anzahl auch nachweislich erreicht hat. Er könnte sonst schnell wegen Titelmißbrauch gemäß § 132a StGB angeklagt werden. Ehrgeizige Serienkiller machen aber mit dem Erwerb des einfachen Titels noch nicht halt, sondern besuchen regelmäßig Fortbildungskurse an der Volkshochschule und anderen hochqualifizierten Bildungseinrichtungen. Haben Sie die erforderliche Stundenzahl absolviert und die Leistungsnachweise (bürokratendeutsch für Prüfung) bestanden, stehen verschiedene Weiterbildungszertifikate zur Auswahl. Zunächst die klassischen (in aufsteigender Hirarchie):

* Geprüfter Serienmörder (IHK)
* Staatlich anerkannter Serienmörder
* Diplom-Serienmörder (FH)
* Diplom-Serienmörder (DH)
* Diplom-Serienmörder (Uni)

Bei den Diplom-Studiengängen kann der Student der Serienkillerwissenschaften nach dem Vordiplom im anschließenden Hauptstudium verschiedene Schwerpunkte wählen. Zur Auswahl stehen vier Fachrichtungen: Gift & Galle, tödliche Blicke, Totschlagargumente und Killerphrasen. Neben Staatsexamen und Diplom ist künftig (ab 1. April 2525) auch die Möglichkeit zur Promotion und Habitilation geplant. Seit der Hochschulreform sind in Deutschland auch die anglo-amerikanischen Abschlüsse zugelassen. Diese klingen nicht nur weltmännischer, sondern erleichtern auch die internationale Vergleichbarkeit. Die vor Sozialprestige triefenden Titel lauten:

* Bachelor of Hunting
* Bachelor of Murdering
* Master of Blood
* Master of Serial Killing Administration

Nachfolgend die Urkunde für die unterste Stufe. Laut Lehrplan müssen hierfür etwa 1.350 Unterrichtsstunden (die genaue Zahl schwankt von Bundesland zu Bundesland) absolviert werden. Für berufstätige Serienkiller ist auch eine Teilnahme in Teilzeitform möglich.

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26. März 2018

'Manipulation: Manipulationstechniken erkennen und abwehren' von Ramon Amirinia

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
Sicherlich ist es Ihnen auch schon einmal widerfahren, dass Sie sich in manchen Gesprächen nicht so Verhalten, wie es Ihrem eigentlichen Willen entspricht. Plötzlich vertreten Sie Standpunkte und Argumente, von denen Sie eigentlich nicht überzeugt sind. Erwerben Gegenstände, die nicht von Nöten waren. Weshalb? Sie werden manipuliert! Und das tagtäglich. Damit ist nun SCHLUSS!

In diesem Ratgeber erlernen Sie die Techniken der Manipulation. Durch praxisbezogene Fallbeispiele erhalten Sie zusätzlich einen Lösungsansatz für Ihr Privatleben. Sie werden zukünftig nicht mehr den Manipulationstechniken der Werbeindustrie und Mitmenschen zum Opfer fallen.

Bitte nutzen Sie dieses Wissen ausschließlich zur Abwehr und niemals zur Beeinflussung des Willens anderer - jeder Mensch sollte die Möglichkeit haben, aus freien Stücken zu handeln.

Leseprobe:
Beeinflussung der Wahrnehmung
Aus logischer Sicht sollte man meinen, dass die Wahrnehmung aufgrund unseres Charakters, der persönlichen Einstellung, sowie der Erfahrung gefestigt ist.
Das entspricht zu einem großen Teil der Wahrheit, aber eben nur zu einem Teil… Unsere Wahrnehmung kann durch gewisse Verhaltensmuster sowohl positiv, als auch negativ beeinflusst werden.

Menschen, denen wir Gutes tun
Das man einen Menschen mag, der einem Gutes tut, dürfte selbsterklärend sein. Allerdings bevorzugen wir auch Menschen, denen wir selbst Gutes tun. Es betrifft jedoch nur Kleinigkeiten, wie etwa “kurz auf die Jacke aufpassen”.
Grund hierfür ist, dass wir unser Selbstkonzept aufrecht erhalten möchten. Wir bilden uns ein, dass die Person sympathischer und attraktiver sei, als es tatsächlich der Fall ist. Auf diese Weise rechtfertigen wir für uns selbst, weshalb wir einen Gefallen getan haben.

Limitierung
“Greifen Sie jetzt zu, es sind nur noch sieben Stück zu haben. Oh, ich höre gerade, dass drei weitere vergriffen sind.”
Ähnliche Sätze kennen wir zu genüge aus einschlägigen Shoppingkanälen. Wir Menschen sind soziale Wesen. Etwas das oft gekauft wird, scheint beliebt zu sein, weshalb wir es auch haben möchten. Dazugehören. Allein die Bemerkung “Bestseller” auf einem Roman lässt die Verkaufszahlen in die höhe schießen.
Durch die künstliche Verknappung wirkt das Produkt zusätzlich interessanter. Man könnte bereuen, wenn es in Zukunft nicht mehr zu haben ist. Auf selbigem Prinzip basiert auch die altbekannte Regel des Datings “erst nach drei Tagen melden”.

Autorität
Autorität schreiben wir Menschen zu, die entweder einen bestimmten Titel besitzen, oder einen gewissen Kleidungsstil an den Tag legen. Einem Versicherungsvertreter, der in Jogginghose erscheint, würden nur die wenigsten ihr Geld anvertrauen.
Die Werbeindustrie nutzt Titel, um Ihre Produkte glaubhaft zu vermarkten. Wird das neue Erkältungsmittel von einem Apotheker vorgestellt, der Autoservice von einem Mechaniker gelobt, so weckt das unser Vertrauen. Fachmänner müssen sich auskennen. Schließlich bedeutet ja bereits das Wort, dass er ein Mann des Faches ist.

Placeboeffekt
Dieser Begriff dürfte jedem bekannt sein - Vortäuschung einer Wirkung, die nicht vorhanden ist. Medikamente wurden entwickelt, um kranken Menschen zu helfen. Erstaunlich ist jedoch, dass die Pharmaindustrie mehr Geld für das Marketing investiert, als in die Forschung selbst.
Uns wird weisgemacht, dass das Markenprodukt besser sei, als Generika mit der exakt identischen Zusammensetzung.
Tabletten werden größer hergestellt, als eigentlich von nöten wäre. Große Tabletten werden mit viel Inhalt und großer Wirkung assoziiert. Kapseln sollen vermeintlich besser vom Körper aufgenommen werden, als Tabletten.

Aber die Manipulation geht noch weiter. Bereits durch die Farbgestaltung werden wir dazu angeregt, das Produkt auszuwählen. Achten Sie bei Ihrem nächsten Apothekenbesuch mal auf folgendes:
  • In der Regel werden anregende Stoffe, z.B. Mittel gegen Schlaffegefühl einer Erkältung, rot oder gelb dargestellt. Diese Farben bringt unser Gehirn mit Energie und Lebensfreude in Verbindung. 
  • Beruhigende Mittel, wie etwa Schlaftabletten, sind dagegen meist blau oder grün.
Gemeinsamkeiten
Ein gesunder Mensch mag sich selbst. Infolgedessen sind uns Menschen, mit denen wir viele Gemeinsamkeiten teilen, sympathisch.
Noch effektiver ist es, wenn man eine gemeinsame Abneigung teilt. Es bereitet Leuten große Freude gemeinsam zu lästern.

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'Zorn und Gier' von Roman Armin Rostock

Kindle Edition | Tolino | Taschenbuch
Bei der Eröffnung einer Großmoschee in Köln wird ein Muezzin während des Gebetsrufes von einem Scharfschützen erschossen. Da es direkt im Anschluss zu Ausschreitungen kommt, erhalten Hauptkommissar Sacher vom BKA und sein Team den Ermittlungsauftrag. Schnell wird klar, dass eine antiislamische Terrororganisation das Land bedroht.

Doch mit jedem Hinweis, den die Ermittler finden, ergibt sich eine neue Ungereimtheit. Und so ermittelt das Team, ohne zu ahnen, dass es eine internationale Katastrophe auslösen könnte.

Leseprobe:
Prolog
Der Geschmack in seinem Mund war widerwärtig - schleimig, trocken, bitter. Das Hemd klebte in stin-kendem Schweiß auf seiner olivfarbenen Haut - ließ ihn vor sich selbst Ekel empfinden. Sein pechschwar-zes Haar hing in fettigen, ungekämmten Strähnen auf die kräftigen Schultern herab und der stoppelige Bart komplettierte das Bild eines gehetzten, übernächtigten Mannes.
Gierig griff er nach den Weintrauben, die in end-losen Reihen an den ihn leicht überragenden Weinstö-cken hingen, hielt eine Handvoll über seinen Kopf und presste sich den Saft in den Mund. Der klebrige, süße Saft fühlte sich wie eine Erlösung an, schmei-chelte seinem Gaumen und gab ihm Energie zurück. Energie, die er dringend benötigte.
Sein Blick glitt hoch zu dem halb vollen Mond, der das hügelige Land in ein mystisch anmutendes Licht tauchte. Der kühle Wind trug leichte Nebel-schwaden die Hügel hinauf und weit und breit war weder etwas zu hören noch zu sehen. Ein Blick auf seine Digitaluhr, die 03:21 Uhr anzeigte, verriet ihm, dass er bereits seit einer Stunde durch die deutsche Pampa marschierte. Bald sollte er sein Auto erreichen, das er auf einer von Nadelbäumen umsäumten Lich-tung am Ende der Weinberge geparkt hatte. Er hielt einen Moment inne und atmete tief durch. Mit zittri-ger Hand griff er in seinen Rucksack. Prüfte, ob es noch da war. Das Dokument. Das Wichtigste, was er in seinem Leben jemals besessen hatte. Es hatte keiner besonderen Anstrengung bedurft, um in den Besitz des Dokumentes zu kommen. Ein einfacher Einbruch, das Bedienen eines Kopiergerätes, mehr nicht. Die Herrschaften, gegen die er kämpfte, waren eben keine Profis, bestenfalls Clowns. Infantil, reich und unberechenbar. Dazu kamen einige Anhänger, deren einfache Gemüter sie mithilfe von wirren Ritualen, Fantasiekostümen und kruden Reden, in die von ihnen vorgesehenen Bahnen lenkten. Das Treffen, das er anderthalb Stunden zuvor beobachten durfte, hatte dahingehend selbst seine kühnsten Vorstellungen übertroffen. Sie verhielten sich wie Kinder, die sich ein Abenteuerspiel ausgedacht hatten. Doch er wusste, dass angelockt durch Unmengen von Bargeld auch Profis in ihre Dienste getreten waren. Männer, die sich auf das Kriegshandwerk verstanden. Männer, die ihnen zu Macht verhalfen, sodass aus ihrem Spiel bald blutiger Ernst und so die Welt in eine Spirale der Gewalt gerissen würde - außer er konnte es noch verhindern. Er musste das Dokument schnellstmöglich an den richtigen Adressaten bringen. Das Dokument musste Beweis genug sein, doch die deutsche Polizei fiel als Ansprechpartner aus, denn seit der NSUAffäre traute er diesem Haufen nicht mehr über den Weg. Zumal er sich gegen Leute wandte, die höchstes gesellschaftliches Renommee genossen.
Doch es gab eine Möglichkeit, die wie aus dem Nichts entstanden war. Er hatte am Abend zuvor seinen Cousin Mustafa angerufen. Einen einfachen aber liebenswerten Mann.
Es war schön gewesen, wieder einmal Mustafas stets vergnügte Stimme zu hören. »Morgen ist der größte und schönste Tag meines Lebens. Der Imam hat mir die ehrwürdige Aufgabe zugewiesen bei der Eröffnung der neuen großen Moschee in Köln, die Gläubigen zum Gebet zu rufen. Er hat mir sogar eine Plattform errichten lassen, damit ich bei meinem Ruf die Menge der Gläubigen überblicken kann. Ich wünschte vom Minarett hinabrufen zu können, aber das ist natürlich nicht möglich«, hatte Mustafa ihm aufgeregt erzählt. Für Mustafa erfüllte diese Ehre einen Lebenstraum. Wer wollte es seinem Cousin verdenken? Mustafa war halt sehr gläubig. Viel gläubiger als er selbst. So hatte es ihn auch viel mehr interessiert, als Mustafa ihm erzählte, dass der türkische Außenminister und die Ministerpräsidentin Nordrhein- Westfalens an der Moschee-Eröffnung teilnehmen würden. Das war die Chance. Man musste ihn zu den beiden vorlassen. Ihnen würde er das Dokument übergeben. Beiden Politikern, denn so konnte sich keiner von ihnen aus der Verantwortung stehlen. Sofort hatte er seinem Cousin mitgeteilt, dass er der Moschee- Eröffnung beiwohnen würde, was in Mustafa einen wahren Jubelsturm hervorrief. Nun musste er sich beeilen dorthin zu kommen und einen sicheren Unterschlupf finden, denn es war nicht auszuschließen, dass sie seinen Einbruch bereits bemerkt hatten und längst nach ihm suchten. Ohne Frage, sie würden jeden ausschalten, der ihrem Vorhaben im Weg stehen konnte. Oder? Und der Gedanke ließ ihn schaudern. Täuschte er sich selbst? War sein Einbruch vielleicht deshalb so einfach verlaufen, weil sie längst wussten, dass er ihnen auf der Spur war? War das Ganze am Ende eine Falle? Furchtsam blickte er sich um. Lauerte dort etwas zwischen den Weinreben? Wie sollte er in diesem Labyrinth einen Feind ausmachen? Er begann zu rennen.

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22. März 2018

'Ministermord' von Kriminalinski

Kindle Edition | Taschenbuch
Ein geradliniger Dorfpolizist muss sich zwischen Freundschaft und Dienstvorschrift entscheiden und bekommt es mit übermächtigen Gegnern zu tun.

Hendrik „Pommes“ Willen ist Dorfpolizist in Cappeln, einer kleinen Gemeinde in Niedersachsen. Er wird zu einem Verkehrsunfall gerufen. Auf der Landstraße ist ein Auto explodiert und vollständig ausgebrannt. Es handelt sich dabei um den Dienstwagen des Landwirtschaftsministers, der in Cappeln seine Privatwohnung hat. Im Auto befinden sich zwei bis zur Unkenntlichkeit verkohlte Leichen. Dörte, eine Bekannte von Willen, befürchtet, dass es sich bei einer der beiden Leichen um ihre Freundin Anna, eine Escort-Dame, handeln könnte. Die Kripo stuft den Vorfall aber als Verkehrsunfall ein und schließt die Akte. Daher bittet Dörte Willen, weiter zu ermitteln, was er natürlich nicht kann, da das Sache der Kripo ist. Um Dörte den Gefallen zu tun, ermittelt er daher auf eigene Faust. Willen findet heraus, dass der Minister die Dienste von Anna regelmäßig nutzt. Dem Minister gefallen Willens eigenmächtige Ermittlungen nicht. Er befürchtet, der Polizist macht ihn für den Tod der Escort-Dame verantwortlich. Willen ermittelt weiter und findet Ungeahntes heraus. Kurz darauf ist ein Auftragskiller auf den Dorfpolizisten angesetzt.

Ein fesselnder Kriminalroman über Machtgier und Skrupellosigkeit, aber auch einer über den Mut zu moralischen Entscheidungen.

Gleich lesen: Ministermord (Krimi)

Leseprobe:
Wäre dem niedersächsischen Landwirtschaftsminister die CO2-Emission seines Dienstfahrzeuges tatsächlich egal gewesen, wie es ihm die Opposition ohnehin vorgehalten hatte, dann hätte er sich womöglich für eine gepanzerte Limousine entschieden. So wie viele seiner Kabinettskollegen. Er hätte den Vorwurf, einen Klimakiller zu fahren und die persönliche Energiewende noch nicht geschafft zu haben, einfach an sich abprallen lassen können. Ein paar Wochen lang hätte es Gerede gegeben, dann wäre Gras über die Sache gewachsen. Aber Minister Freselage scheute in der gegenwärtigen Situation jede Art der Konfrontation mit dem politischen Gegner. Denn zur Klimadebatte kam gerade noch eine andere, weitaus schlimmere Sache auf ihn zu. Sich keine Blöße mehr geben, dazu hatte ihm sein persönlicher Stab daher eindringlich geraten. Der Minister war dem Rat seiner engsten Mitarbeiter gefolgt und hatte auf die Panzerung seines Dienstwagens verzichtet.

Durch den Rückspiegel beobachtete der Chauffeur seinen Fahrgast. Die Dame kramte in ihrer Handtasche.
„Ist es okay, wenn ich rauche?“, fragte sie, ohne aufzuschauen.
„Selbstverständlich“, antwortete der Chauffeur.
Es dauerte eine Weile, bis sie in den Tiefen ihrer Tasche fand, wonach sie suchte. Sie entnahm der Pappschachtel eine Zigarette, klemmte sie zwischen Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand und hielt mit derselben die Tasche, um mit der anderen Hand nach dem Feuerzeug darin zu suchen. Dabei atmete sie hörbar aus.
„Darf ich Ihnen meines anbieten?“
Der Chauffeur reichte ein goldenes Feuerzeug nach hinten. Die Dame nahm es und berührte mit Absicht einen winzigen Moment zu lang die Hand des Mannes. Berufsreflex. Ihre Blicke trafen sich im Rückspiegel. Obwohl er gerade nur eine Hand am Lenkrad hatte, hielt er den Wagen sicher in der Spur. Der A8 lag breit auf der Straße, wuchtig und schwer.
Er war ihr Typ. Nicht dieser Freselage, der sich auf seinen Minister ständig selbst einen runterholte. Die Besuche in seiner Dienstwohnung in Hannover waren ihr längst zuwider. Aber sie war professionell genug, ihm genau das Gefühl zu geben, mit welchem er jedes Mal gerne eine mittlere, vierstellige Summe für ihre Gesellschaft ausgab.
Anna öffnete das Fenster einen Spalt. Sie zündete sich die Zigarette an, zog den Rauch tief in ihre Lunge und pustete ihn gegen die hereinströmende Luft. Wegen einer Vollsperrung auf der Autobahn mussten sie einen Umweg nehmen. Dieser führte sogar durch den Wohnort ihres Klienten. Was für ein verrückter Zufall, dachte Anna. Und sie dachte an die Mappe, die sie dem Minister letzte Woche stibitzt hatte. Das war ihm noch gar nicht aufgefallen, denn er hatte sich nichts anmerken lassen bei ihrem letzten Besuch. Die Informationen, die diese Mappe enthielt, waren hochbrisant, so viel hatte sie kapiert. Welchen Betrag er wohl für die Rückgabe der Mappe auf den Tisch legen würde? Hunderttausend? Eine Million? Sie versuchte, sich eine so hohe Summe vorzustellen, und zog wieder an ihrer Zigarette.
Dann explodierte der Wagen.

Im Kindle-Shop: Ministermord (Krimi)
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21. März 2018

'DER SERBE' von H.C. Scherf

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
»Der ist definitiv ertrunken. Die haben ihn noch lebend ins Wasser geworfen, dabei nicht mal seine Hände gefesselt.«

Die Aussage der Rechtsmedizinerin Karin Hollmann ist klar und deutlich. Sven Spelzer, mit dem sie schon den Serienmörder Pehling zur Strecke brachte, weiß von Anfang an, wen er für diesen Zeugenmord zur Verantwortung ziehen muss. Die Soko wurde gebildet, um den ›SERBEN‹, wie sie den Gewaltverbrecher nennen, nach Jahren der Erfolglosigkeit, endlich zur Strecke bringen zu können. Brutalster Drogen- und Menschenhandel wird ihm zur Last gelegt. Mögliche Belastungszeugen verschwinden meist spurlos.

Doch wer ist der unsichtbare Helfer im Hintergrund? Gibt es einen Maulwurf in den Reihen der Polizei?

Wieder werden die beiden Ermittler in einen Einsatz hineingezogen, der sie, wie schon im ersten Band dieser Reihe, an die Grenzen treibt. Als sie bereits an den sicheren Zugriff glauben, hat der Teufel längst die Falle gebaut.

Alle Thriller der Reihe sind zwar in sich abgeschlossen und können unabhängig voneinander gelesen werden. Doch der Spannungsbogen ist größer, wenn die Reihenfolge eingehalten wird. Bisher erschienen: 'Kalendermord - der erste Fall'.

Leseprobe:
- 1 -
Das Messer in der erhobenen Hand näherte sich unaufhaltsam, erzeugte einen bedrohlichen Schatten auf der schwach beleuchteten, feuchten Kellerwand. Der abbröckelnde Putz ließ diese Szene besonders schaurig erscheinen. Muffiger Geruch betäubte gleichzeitig die Sinne. Nichts konnte den Killer noch aufhalten, der sein Werk nun endgültig beenden wollte. Schlurfende Schritte erzeugten Gänsehaut, ließ den Körper des Opfers in Erwartung des tödlichen Stoßes erstarren. Das lange Messer drang in den Hals ein. Ein nervenzerfetzendes Knirschen entstand, als die Klinge die Nackenwirbel durchbohrte. Der Schmerz hielt nur kurz an, da die Nervenbahnen augenblicklich durchtrennt wurden.
Begleitet von einem Aufschrei schnellte Svens Oberkörper in die Höhe. Er stieß das Oberbett von sich, versuchte, sich zu orientieren. Der Schweißfilm, der sich auf seinem Körper gebildet hatte, durchnässte seinen Pyjama komplett, ließ ihn auf der Haut kleben. Karin schüttelte Sven. Ihre Hand glitt zärtlich über sein Gesicht.
»Es war nur ein Traum, Schatz. Beruhige dich wieder. Einfach nur ein böser Traum.«
Sven Spelzer atmete immer noch gehetzt, versuchte, sich in der scheinbar fremden Umgebung zu orientieren. Allmählich wurde er sich dessen bewusst, dass er wieder einmal von Erinnerungen heimgesucht wurde, die er so gerne endgültig vergessen machen wollte. Karin Hollmann hatte sich mittlerweile daran gewöhnt, dass Sven plötzlich mitten in der Nacht, von Träumen geplagt, hochschreckte. Nur zu gut wusste sie, was dieser Mann noch vor Monaten durchmachen musste. Der Fall des Isenburg-Killers steckte noch allen Ermittlern in den Knochen. Selbst Karins Geist verarbeitete ab und zu das Geschehen in wilden Traumbildern. Jedoch hatte sie nicht annähernd das durchstehen müssen wie Sven. Trotzdem wünschte sie sich nichts sehnlicher, als dass diese Bestie in der geschlossenen Psychiatrie verrotten möge.
»Habe ich dich wach gemacht, Liebes? Es tut mir leid, aber ...«
»Psssst, mach dir deshalb keine Sorgen, Svenni. War es derselbe Traum? Versuche, wieder einzuschlafen, morgen ist ein neuer Tag. Und denke daran, dass wir in wenigen Wochen den Urlaub in Thailand genießen können. Leg dich hin und entspann dich.«
»Du sagst das so. Wir haben sowieso schon sechs Uhr durch, da kann ich auch gleich aufstehen und das Frühstück machen. Der Termin bei Doktor Haller ist schon um neun. Du kannst noch etwas schlummern. Ich weck dich, wenn der Kaffee durch ist.«
Er küsste Karin auf die Stirn und zog ihr das Oberbett bis hoch zu den Schultern. Sie schloss die Augen und genoss die wenigen Minuten, die ihr noch blieben, bis Sven sie zum Frühstück rief. Auch sie hatte heute einen schweren Tag mit drei Obduktionen, bei denen die Todesursache zweifelsohne festgestellt werden musste. Ihr Gutachten als Rechtsmedizinerin sollte in dem Fall einer verstorbenen, aber vermögenden Mittvierzigerin vor Gericht entscheiden, ob ein Verdächtiger des vorsätzlichen Mordes angeklagt werden sollte. Der Hausarzt hatte zwar den Totenschein mit der pauschalen Diagnose Herztod ausgestellt, der Amtsarzt im Krematorium äußerte daran jedoch berechtigte Zweifel. Die sich anschließenden Ermittlungen ergaben, dass kurz zuvor eine Lebensversicherung über fünfhunderttausend Euro abgeschlossen wurde. Eine verdächtige Einstichstelle im Lendenbereich nährte zusätzlich die Annahme, dass hier ein Außenstehender eventuell nachgeholfen haben könnte.
Als warme Lippen ihre Wange berührten, drehte sich Karin auf die Seite und schnurrte wie eine Katze. Sie umarmte den Mann, der sie vor gar nicht langer Zeit aus den Fängen eines Serienkillers gerissen hatte. Dass er dabei sein eigenes Leben fast verloren hätte, würde sie ihm niemals vergessen.

- 2 -
»Bringt ihn rein!«
Kladicz wartete ruhig ab, bis seine beiden Bodyguards den schmächtigen Mann über den Boden gezogen und auf den Stuhl gepresst hatten. Nur einen Moment sah er in Augen, deren Pupillen wild umherirrten. Scheinbar unbeeindruckt wanderte Kladicz zum Sideboard, um sich in aller Seelenruhe einen Cognac einzugießen. Während er das Glas in Augenhöhe schwenkte und die Färbung des Getränks begutachtete, genoss er das ängstliche Wimmern seines Gastes. Ohne sich umzudrehen, forderte er seine Leute dazu auf, den Mann festzubinden.
»Nein, bitte nicht, ich habe doch alles gesagt, was ich weiß. Die Bullen haben mich wirklich laufen lassen. Kein Sterbenswort habe ich den Schweinen verraten. Ich schwöre es beim Leben meiner Mutter.«
»Du solltest dir gut überlegen, wen du für deine falschen Schwüre sterben lässt, du Furz. Deine verfickte Mutter ist schon fünf Jahre tot. Lass uns noch ein einziges Mal über deine Aussage reden, Renato. Ich tu mich schwer damit, dir abzunehmen, dass du standhaft geblieben bist. Wenn nicht diese verdammten Bullen am Container aufgetaucht wären und mir die zwanzig Kilo Crack beschlagnahmt hätten, säßen wir jetzt nicht hier und würden auch nicht über einen Verrat nachdenken. Ich könnte jetzt bei einer schönen Frau im Pool abhängen und mir die Eier kraulen lassen. Fredi, frag diesen Scheißer bitte noch ein letztes Mal, was er denen gesteckt hat.«
Mit schreckgeweiteten Augen sah Renato die Hünengestalt auf sich zukommen. Er zerrte verzweifelt an seinen Fesseln, die ihn brutal in der Position hielten. Das kurze Messer in Fredis Hand blitzte auf, bevor es sich nur Sekunden später in den Oberschenkel des Gefangenen bohrte. Kladicz zuckte mit keinem Muskel, als der Schrei durch das Haus hallte. Ein zynisches Grinsen umspielte seinen Mund. Genießerisch leerte er sein Glas und goss den verbliebenen, kleinen Rest in die Wunde. Wieder dieser Schrei.
»Diese Schmerzen haben gewisse Vorteile. Es wird neben dem Adrenalin auch viel Blut in den Schädel gepresst. Das bewirkt, dass der Bereich, in dem die Erinnerungen lagern, ordentlich befeuert wird. Den meisten Menschen fallen dann wieder Dinge ein, die sie schon längst vergessen glaubten. Du glaubst gar nicht, was wir damit schon alles erreicht haben. Stärkere Männer als du haben darum gebettelt, uns was erzählen zu dürfen. Fredi versteht sich darauf, dass der Blutverlust gering ist, der Schmerz aber umso größer. Dem macht es Spaß, die Befragung lange hinauszuzögern.
Nur mir, das will ich dir sagen, macht es keinen Spaß, lange warten zu müssen. Das macht mich zornig, sehr zornig. Du Judas hast mir schon jetzt auf das teure Parkett gepinkelt, das gefällt mir nicht. Mach jetzt endlich das verdammte Maul auf.«
Stumm gab er Fredi ein Zeichen, der die Klinge in Renatos Handrücken stieß. Ungläubig starrte der auf seine Hand. Bevor er wieder loskreischen konnte, verschloss Fredis Pranke Mund und Nase. Nur ein Gurgeln drang durch dessen Finger. Das Gesicht wechselte in ein ungesundes Blau. Einen Augenblick, bevor Renato das Atmen endgültig einstellte, zog Fredi die Hand zurück und bewegte die Klinge vor Renatos Gesicht. Noch während der nach Luft rang, stützte Fredi seine freie Hand auf die Wunde im Oberschenkel.
»Ich ... ich sage ja ... aufhören damit ... bitte.«
»Ich verstehe dich nur sehr undeutlich. Was hast du soeben gesagt? Willst du mir etwas mitteilen, du Zwerg?«
»Ja, ja ... ich habe diesem Bullen ... ich habe ihm den Tipp gegeben. Aber die haben mich gefoltert, Chef. Die haben mich unter Druck gesetzt. Das wird nie wieder passieren ... nie wieder. Ich verspreche das.«
»Hör mir zu, du Stück Dreck. Du scheinst nicht zu wissen, wie recht du mit deinem Versprechen hast. Ich werde dafür sorgen, dass du es auch einhalten wirst. Dein loses Maul hat mir viele, viele Tausend Euro gekostet. Außerdem hast du mich in der Szene zur Lachnummer gestempelt. Das schadet meinem Image. Du sollst allen anderen Pissern ein Beispiel dafür sein, was passiert, wenn man mich hintergeht. Schafft mir den Kerl endlich aus den Augen. Und bitte, seid besonders nett zu ihm!«
Renatos an sich schon mickrige Gestalt schrumpfte nochmal um einige Zentimeter. Er hing wie ein lebloser Sack zwischen den beiden Kleiderschränken, die alle anfallende Drecksarbeiten für den Boss erledigten.
Renatos Muskeln versagten nun endgültig den Dienst. Seine Stimme ließ nur noch ein klägliches Wimmern zu. Kladicz goss sich einen weiteren Cognac ein, trank ihn in einem Zug und legte den Bademantel ab. Er betrachtete seine Gespielin, die ihm über den Poolrand mit laszivem Lächeln entgegensah.

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20. März 2018

'Galaktische Reisen 2: Molluskentore' von O.E.Wendt

Kindle (unlimited)
Ein weiterer Auftrag verschlägt Brendan, seinen väterlichen Freund Einstein und den Roboter Klick-Klick nach Azur, einem von der Neutralen Behörde freigegebenen Wasserplaneten. Die ersten Siedler dort sind spurlos verschwunden. Obwohl er auf die Neutrale Behörde nicht gut zu sprechen ist, sucht Brendan nach den Verschollenen und macht gleich mit zwei seltsamen Alienspezies Bekanntschaft.

Leider ist eine davon ihm nicht wohlgesonnen, während die andere seine Crew um ein ungewöhnliches neues Mitglied bereichert. Die Sprungtore sind inzwischen kein Geheimnis mehr und die Machtkämpfe darum in vollem Gange. Mariju hingegen steckt noch immer in der fernen Galaxie Andromeda fest und knüpft erste Kontakte zu einer höchst außergewöhnlichen Lebensform. Sie glaubt, dass sie die Erbauer der Sprungtore sind und versucht verzweifelt einen Weg zurück in den heimatlichen Spiralarm zu finden.

Leseprobe:
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Brendan war längst kein unbeschriebenes Blatt mehr. Auf Little Silence redeten die Leute inzwischen viel über ihn, allerdings nicht mehr so häufig aufgrund der Tatsache, dass er Pegar war.
Weitaus gieriger stürzte sich die sensationslüsterne Gesellschaft Consumpias auf die Geschichten und Gerüchte über die geheimnisvollen Sprungtore. Viel Spektakuläres geschah ja auch nicht auf dem beschaulichen Planeten und abwechslungsreiche Neuigkeiten wurden daher mit Wonne aufgenommen.
Er hingegen versuchte seinen Bekanntheitsgrad zu ignorieren und mied daher die meisten offiziellen Anlässe, um sich nicht wieder und wieder rechtfertigen und erklären zu müssen. Erschwerend hinzukam, dass er inzwischen eines der modernsten und eindrucksvollsten Raumschiffe des ganzen Sonnensystems besaß, was für weiteren Gesprächsstoff sorgte und neben Bewunderern auch die üblichen Neider auf den Plan rief. Brendan war nicht darauf erpicht in den Medien erwähnt zu werden und es fiel ihm ungeheuer schwer, alledem aus dem Weg zu gehen. Er legte keinerlei Wert mehr auf die feine consumpianische Gesellschaft, diese oberen Zehntausend der einzigen Stadt des Planeten, die nicht nachließen, ihn wieder und wieder zu Bällen und Empfängen einzuladen und mit ihrer nie enden wollenden Neugierde zu traktieren und es dabei gar nicht schätzten, wenn man sie ignorierte.
Nachdem er und sein väterlicher Freund Megando di Facil alias Einstein, aus dem Leo-Minor-Bezirk von ihrer letzten und richtungsweisenden Reise zurückgekehrt waren, zitierte die Neutrale Behörde sie zunächst in eine verhältnismäßig kleine und unbedeutende Dependance. Zu viele Ungereimtheiten und offene Fragen waren im Zusammenhang mit Brendans Kontakt zu den fremdartigen Mollusken aufgekommen, so dass sich die Neutrale Behörde eingehend darum bemühte Licht in die ganze Sache zu bringen. Bei dem verfahrensleitenden Beamten handelte es sich ebenfalls um einen Pegaren. Er war wenige Tage vor Brendan auf dem Planeten eingetroffen und bestens über die Vorgeschichte informiert. Jeder normal Sterbliche auf Little Silence hätte sich nicht die Bohne für Ungereimtheiten interessiert, die 34 Lichtjahre entfernt stattgefunden hatten und bereits über 170 Jahre her waren.
Als Brendan die lästigen Befragungen hinter sich gebracht und glaubhaft erklärt hatte, dass er zu wenig wusste, um der Behörde weiterhelfen zu können, gab man sich zwar nicht zufrieden, aber ihm freies Geleit. Nichts anderes war zu erwarten. Die Fremdwesen waren seinerzeit im Leo-Minor und auch im Uma-Bezirk so plötzlich verschwunden wie sie auch aufgetaucht waren. Und die zeitweilige Anklage von Teilen der Behörde aus dem Leo-Minor, dass Brendan sich in überregionale politische Angelegenheiten eingemischt und die Sicherheit der menschlichen Rasse aufs Spiel gesetzt hätte, konnte von niemandem belegt werden. Da sich nicht ein einziger Mollusk mehr in menschlich besiedelten Systemen herumtrieb, waren weitere Gefahren auch nicht zu befürchten.
Brendan wollte all das nun endlich vergessen und hinter sich lassen. Er brauchte Abgeschiedenheit und musste sich über vieles klar werden, bevor er sich wieder seiner Selbstständigkeit widmen würde. Nichtsdestotrotz hatte er nun einmal Kontakt zu Aliens gehabt und war mit seinem stolzen karamellfarbenen Schiff weiter gekommen, als jeder andere Consumpianer.
Sicherlich, aus Sicht der sesshaften consumpianischen Menschen stellte jeder Pegar eine Attraktion dar, lebte er doch mehrere hundert Jahre, wenn nicht tausende, von denen er die meiste Zeit in den lebenserhaltenden Hibernationstanks verbrachte. Und wenn er dann auch noch etwas über nichtmenschliche intelligente Lebensformen zu berichten wusste, war das wirklich eine sensationelle Abwechslung in dem sonst relativ beschränkten Aktionsradius von Consumpia. Die Einwohner der Stadt befanden sich stets in einem sehr zwiegespaltenen Verhältnis zu den Pegaren. Einerseits lebten sie von deren Geld, andererseits genossen die Pegaren Rechte und Schutz auf Little Silence, die einer politischen Immunität gleichkamen. Und das erweckte Argwohn und Unverständnis bei vielen Consumpianern. Zu den Schutzgesetzen der Pegaren gesellte sich der Umstand, dass die Sahnestückchen der silencianischen Ländereien ausnahmslos Pegaren gehörten, die den Planeten als Basis und Ruhepol sehr schätzten. Es hatte also alles wieder einmal zwei Seiten und Brendan stellte schnell fest, dass sich die Ansichten gegenüber den Pegaren in den über 340 Jahren seiner Abwesenheit nicht geändert hatten. Sie bestanden weiterhin aus Faszination und Bewunderung, aber auch aus Ablehnung und Misstrauen.
Consumpias Architektur und Erscheinungsbild hingegen hatte sich unglaublich verändert. Die Stadt war riesig geworden und gewann an architektonischer Schönheit nochmals um Klassen. Obwohl die zahlreichen schlanken und mit vorwiegend aus Glas und Metall verkleideten Skyscraper eher gen Himmel strebten, hatte sich die Gesamtfläche Consumpias mehr als verdoppelt. Mittlerweile lebten hier 32 Millionen Menschen.
„Und nicht einen davon kenne ich“, murmelte Brendan, als er neben Einstein in einem Gleiter saß, der sie auf sein Anwesen brachte. Sie waren in Consumpia einer der wenigen Einladungen gefolgt, die Brendan sinnvoll erschien – einem Benefitsball für sozial gestrandete Pegaren, die entweder den Verstand oder ihren gesamten Besitz verloren hatten. Beides könnte durchaus auch ihm widerfahren.
Ausschließlich finanzkräftige Pegaren waren dort anwesend gewesen und die meisten von ihnen waren so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass er sich auch nicht den sonst so lästigen Fragen und Bemerkungen ausgesetzt sah, die er bei anderen Anlässen über sich ergehen lassen musste.
„Ach, Brendan“, sagte Einstein und legte eine Hand auf dessen Schulter. Beide hatten sich nach Wochen dazu durchgerungen, einen Großteil ihrer Haare dem Friseur zu opfern. Einsteins graue Naturkrause war insgesamt wesentlich kürzer und mit einer zuvor nie gekannten Ordnung bekannt gemacht worden. Brendan hatte sich erstmalig einen erkennbaren Schnitt in seine dunklen dichten Locken bringen lassen, der es aber auch weiterhin nicht verhinderte, dass ihm einige Strähnen immer wieder ins Gesicht fielen.
„Wir sind jetzt schon ein paar Monate auf Little Silence und du kannst dich vor neuen Aufträgen kaum retten. Du musst langsam mal wieder einen davon annehmen. Das wird nicht ewig so anhalten.“
„Die reden alle nur von meiner Begegnung mit den Mollusken und meinen, ich kann jetzt mit allem fertig werden“, sagte Brendan, während er die immer kleiner werdende Stadt in ihrem glitzernden Abendgewand aus dem Fenster betrachtete.
„Spielt doch keine Rolle, was die meinen, Brendan.“ Einstein blickte ihn nachdenklich an. „Fest steht, dass du nie wieder in deine alte Lethargie verfallen und im Leben etwas erreichen wirst.“ Es lag kein Vorwurf in Einsteins Aussage. Er meinte es gut und das wusste Brendan auch. Aber wie lange sollte er um Mariju trauern? Der ersten Frau, die ihm wirklich etwas bedeutete. Vielleicht liebte er sie bereits mehr, als er sich eingestand. Er wusste es nicht. Sie ging ihm jedenfalls nicht mehr aus dem Kopf und er hätte wer weiß was darum gegeben, um zu wissen wie es ihr ging und an welchen Ort es sie verschlagen hatte.
Brendan seufzte. „Ich habe schon etwas für uns, mein lieber Professor.“ Einstein sah zwar hinter den klaren wachen Augen Brendans noch immer den Verlust und die offenen Wunden ihrer letzten Reise, doch davor leuchteten deutlich Entschlossenheit und Tatendrang. Brendan grinste, wenn auch verhalten.
„Ist das dein Ernst?“ Einstein blickte ihn über seine überflüssige, runde kleine Brille hinweg an. Er war nicht davon zu überzeugen, sich von ihr zu trennen. Zu groß sei seine Verehrung für den großen Astrophysiker. Außerdem bereitete ihm das Unverständnis vieler Leute nicht nur heimlichen Spaß, sondern lenkte das Gespräch oft auf den lange verstorbenen genialen Wissenschaftler des zwanzigsten Jahrhunderts. Einsteins übriges Verhalten resultierte zu neunundneunzig Prozent aus Rationalität und unbändigem Wissensdurst. Sein genmanipuliertes Überhirn wurde nie satt und bereitete ihm stets den ununterdrückbaren Drang, alle Dinge verstehen zu müssen.
„Du erinnerst dich doch an meinen Freund Alf, nicht wahr?“ Eine rein rhetorische Frage, da Einstein sowieso rein gar nichts vergessen konnte. Selbst eine einmal gelesene Zeitung blieb Wort für Wort in den Tiefen seines Gedächtnisses haften.
„Der ehemalige Kommilitone mit dem du auf dem Behördenschiff Giant 2 gelernt hast und der noch immer für die Neutrale Behörde arbeitet“, gab der Professor wieder.
„Genau der. Alf ist Pegar wie wir und mittlerweile Captain einer mobilen Behördendependance im Leo Minor. Er ist Herr über einen zivilen Behördenkreuzer und hat ziemlich gute Kenntnisse über alles, was sich in unserem Nachbarsystem abspielt.“
Einstein beobachtete mit Freude, wie die alte Abenteuerlust seines jungen Arbeitgebers wiedererwachte. Er war diesem Alf schon jetzt dankbar. „Ja, ja“, sagte er dann. „Die mobilen Dependancen verfügen über ein ausgesprochen gutes Nachrichtennetz und erfahren meist mehr als die Ämter der Planeten. Pegaren eben – ich sag es ja immer wieder.“
„Da ich Alf noch etwas schuldig bin, konnte ich ihm seine neuerliche Bitte sowieso nicht ausschlagen“, meinte Brendan.
„Neuerlich?“ Einstein hob seine buschigen Augenbrauen. „Geht es wieder um Azur?“
„Du bist echt gut“, bestätigte Brendan lässig. Überrascht war er nicht mehr, wenn Einstein sofort die richtigen Vermutungen äußerte. Mit einem computerähnlichen Gehirn wäre er selbst auch so schlau. „Azur – ganz genau!“
„Ich habe, nach unseren beeindruckenden Erlebnissen im Leo Minor, die Historien der einzelnen Systeme dort eingehend studiert und ...“
„Das dachte ich mir“, unterbrach ihn Brendan und verzog das Gesicht, weil er dem Professor wahrscheinlich wieder einmal nichts Neues erzählen konnte.
„... mir besonders die Entwicklungen auf den seinerzeit freigegebenen Siedlungsplaneten angeschaut. 89729 c ist inzwischen besiedelt und Amazonia, nachdem die Mollusken sich ja dort leider nicht mehr einfinden konnten, weil Rabhas sie allesamt umgebracht hat, ebenfalls.“ Einstein hielt inne.
„Ja, und weiter?“ Brendan hasste es, wenn der Professor es spannend machte. Und da Einstein gerne weit ausholte, um seine Mitmenschen möglichst viel an seinem unerschöpflichen Wissen teilhaben zu lassen, war es keine Seltenheit, dass die eigentliche Kernaussage seiner Ausführungen nur ein Prozent ausmachte und dieses kleine Prozent erst am Ende zäher Minuten stand.
„Während wir zurück nach Little Silence geflogen sind, hat es ein paar Versuche zur Besiedlung auf Azur gegeben. Und der letzte Stand der Dinge ist, dass alle gescheitert sind.“ „Das weiß sogar ich, mein lieber Einstein“, sagte Brendan stolz. „Alf hat mir nämlich gesagt, dass der erste Versuch, damals, als wir ihm eigentlich helfen sollten, trotz der Umstände nicht der letzte geblieben war. Allerdings hat sich niemand an höherer Stelle darum geschert, dass die Leute ständig verschwunden sind. Das lag übrigens auch an Rabhas, der solche Dinge hätte entscheiden müssen. Warum es diesbezüglich keine Aufklärung gab, wissen wir beide ja nur zu gut.“
„Rabhas hatte andere Dinge im Sinn, in der Tat“, meinte Einstein. „Der erste Besiedlungsversuch fand im Standardjahr 4824 statt, als wir aufgebrochen sind.“
„Unser Auftrag wäre es gewesen, den Siedlern bei ihren Schwierigkeiten zu helfen. Weißt du, was passiert war?“
„Laut allgemeiner Datenbank ist ein Großteil der ersten Siedler ums Leben gekommen, die übrigen wurden von einem Behördenschiff, das sich in der Nähe befand, evakuiert. Der zweite Anlauf fand sogar von Little Silence aus statt.“
„Ach, das ist ja interessant“, fand Brendan.
„Aber nicht ungewöhnlich“, sagte Einstein. „Little Silence liegt außerdem viel näher an Azur als Klou, von wo die ersten Siedler aufgebrochen waren.“
„Wie entscheidet man überhaupt, wann ein Planet zur Besiedlung freigegeben wird? Natürlich entscheidet die Behörde, das ist schon klar. Was ich aber meine ist, nach welchen Kriterien wird so etwas entschieden?“
Einstein holte tief Luft, so dass sich Brendan also auf einen Vortrag von mindestens mittlerem Ausmaß gefasst machen konnte. „Fass dich bitte kurz, wir landen bald“, schob er noch rasch ein.
„Ich fasse mich immer kurz“, sagte der Professor. „Erstens: Sonnensystem mit Planeten wird entdeckt. Zweitens: Planeten werden per Spektralanalyse untersucht. Drittens: Positive Planeten werden mit Sonden beschossen, was Jahrzehnte dauern kann. Die Sonden landen überall auf dem Probanden und bewegen sich auf, unter und über dem Objekt und liefern sämtliche Daten an die Behörde. Viertens: Eine Behördendelegation fliegt hin, sofern der Proband vielversprechend erscheint. Fünftens: Delegation befindet, dass der Planet bewohnbar ist. Sechstens: Der Planet wird ausgeschrieben und zur Besiedlung freigegeben.“
„Wer darf ihn dann besiedeln?“
„Eigentlich jede im System bekannte raumfahrende Gemeinschaft. Es dürfen prinzipiell alle Zivilisationen Siedler schicken und ihr Glück versuchen. Sobald jedoch eine gewisse Population erreicht ist, setzt die Behörde den üblichen Regulierungsrahmen, so dass sich gar nicht erst abnorme Staaten bilden können, die womöglich zu Aggressoren heranreifen würden oder sich gegenseitig das Leben schwer machen.“
„Ach, es scheint ja doch nicht alles so mies zu sein, was die Behörde so treibt“, sagte Brendan. Wirklich daran glauben wollte er jedoch nicht.
„Mag schon sein“, stimmte Einstein zu. „Seit es die Behörde gibt, hat es ja auch nicht so wahnsinnig viele Neubesiedlungen gegeben. Die meisten Zivilisationen sind vorher entstanden und besitzen ihr eigenes Staaten- und Regierungssystem. Den vorhandenen Planetenstaaten ist außerdem auch daran gelegen, dass es keine weiteren autonomen Mächte im bewohnten Spiralarm gibt. Nun, wir wissen alle, dass ab einer gewissen Bevölkerungsdichte sowieso jede Zivilisation eines Planeten macht, was sie will. Die Behörde ist gar nicht in der Lage das zu verhindern.“
„Na, wie auch immer.“ Brendan schaute wieder aus dem Fenster. Der Gleiter flog bereits über seinem eigenen weitläufigen Landbesitz, auf dem auch sein prächtiges Haus stand. Es war dunkel und zur besseren Sicht hatte der Haushaltsrobot Felicitas die Landeflächenbeleuchtung eingeschaltet und den geschwungenen Weg, der zu dem ebenfalls großzügig und romantisch beleuchteten Domizil führte. Die beiden stiegen nach der Landung rasch aus und der Stadtgleiter flog sogleich wieder weg. Brendan und Einstein folgten der aufgeregten Felicitas, die sich immer außerordentlich freute, wenn sie ihren Herrn wiedersah. Brendan hatte seine Haushaltsroboterin dahingehend modifizieren lassen, dass ihr Gesicht nun wesentlich menschlichere Züge besaß und bis zum Halsansatz einen hautfarbenen Überzug, der sie zwar nicht attraktiv im eigentlichen Sinne, aber doch nett und ansprechend aussehen ließ. Ihre Mimik hatte sich deutlich verbessert und auch die Augen starrten längst nicht mehr so bedeutungslos wie in ihrer einstmaligen Ausführung. Auf ihrem Kopf saß eine altmodisch bestickte Haube. Felicitas trug neuerdings vorzugsweise mittelalterliche Magdkleidung. Unter den langen dicht gewebten Röcken und Schürzen verbarg sie somit geschickt ihr einziges Standbein, mit dem sie sich, einige Zentimeter über dem Boden schwebend, fortbewegte. Die schrille Art sich zu schminken sowie ihren spanischen Akzent hatte sie nicht aufgegeben. Ebensowenig ihren ausgesprochenen Fleiß und eine unbändige Hyperaktivität, die dafür sorgte, dass Haus und Hof auch nach hunderten Jahren noch ebenso sauber und neu glänzten wie zuvor.

Im Kindle-Shop: Galaktische Reisen 2: Molluskentore.
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