6. November 2017

'Im Land des ewigen Frühlings' von Christiane Lind

Würdest Du für Deine Familie die wahre Liebe opfern?

1902: Auf der Reise nach Guatemala kreuzen sich schicksalhaft die Wege der selbstbewussten Margarete und der zaghaften Elise. Während Margarete es kaum erwarten kann, zu ihrer heimlichen Liebe Juan zurückzukehren, fürchtet Elise sich vor dem Unbekannten. Gemeinsam entdecken die jungen Frauen auf den Pfaden der Maya, was im Leben wirklich zählt: Die Liebe und der Mut, ihrem Herzen zu folgen.

Über 100 Jahre später: Nach dem bitteren Scheitern ihrer Ehe findet Isabell Trost in den bewegenden Tagebüchern ihrer Ururgroßmutter. Ihre Spurensuche führt sie zu Fabian, dem Chef einer Bremer Kaffeerösterei. Ist auch er bereit, sich den Geheimnissen der Vergangenheit zu stellen?

Eine emotionale Familiensaga vor der mystischen Kulisse des Maya-Landes, die von der Kraft der Liebe und der Schönheit des eigenen, mutigen Lebens erzählt.

Stimmen von Leserinnen:
Ein sehr ergreifendes und emotionales Buch, das ich nicht aus der Hand legen konnte. (Ankas Zeilenzauber)
Ein beeindruckendes Familiengeheimnis, das den Leser von der ersten Zeile an fesselt. (zauberblume)
„Im Land des ewigen Frühlings“ hat mich so gefesselt, dass ich es an nur einem Tag durchgelesen habe. … 5 Kaffeebohnen. (nichtohneBuch)
So schnell werde ich es nicht vergessen. (LaMensch)


Gleich lesen: Im Land des ewigen Frühlings: Guatemala-Roman

Leseprobe:
Guatemala, departamento Alta Verapaz 1901
»Margarete! Mar-ga-rete!« Die Stimme ihrer Gouvernante klang verärgert. »Wo treibt sich das verflixte Mädchen nur wieder herum?«
»Pst, Juan. Lass sie uns ruhig suchen.« Margarete, zierlich und schmal für ihre fast 17 Jahre, lächelte den Jungen an und hob den Finger vor die Lippen. Sie ließ die Hand sinken und bedeutete ihm, ihr zu folgen. Er zuckte mit den Schultern und lief ihr nach, tiefer in die Schatten des Dschungels hinein.
Die gefiederten Blätter der Farne schlossen sich hinter ihnen und niemand würde vermuten, dass sie beide diesen Weg gegangen waren. In der Hitze des frühen Nachmittags wirkte der Regenwald still wie ein Dom. Nur ab und zu durchbrach das Zwitschern eines Vogels oder das leise Zirpen der Grillen die Ruhe. Es wirkte beinahe, als ob alle Tiere auf die Kühle der Nacht warteten. Hinter ihnen raschelte es. Juan fuhr herum und stellte sich vor Margarete, bereit, sie gegen alles und jeden zu beschützen. Doch es war nur ein stämmiges Gürteltier, das sich schnaufend seinen Weg durch das dichte Unterholz bahnte. Sie sahen sich an und lächelten.
»Sieh nur, wie schön.« Margarete blieb stehen und bewunderte die Blüte einer Orchidee. Feine rote Streifen zeichneten sich auf den gelben Blättern ab. »Ich werde sie so sehr vermissen, die Schönheit unseres Waldes.«
»Ich werde dich vermissen.« Sanft strich Juan ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Sie werden dich bestrafen.«
Margarete lachte nur und lief davon, tiefer in das Halbdunkel des Waldes hinein. Erschreckt stoben rote und grüne Aras vor ihr auf wie exotische Blumen, die plötzlich aus dem Grün des Waldes wuchsen.
»Dein Vater wird dich bestrafen«, wiederholte Juan, nachdem er sie eingeholt hatte. Sein kantiges Gesicht unter tiefschwarzen Haaren wirkte weicher, als er Margarete aufmerksam betrachtete. In der Aufregung hatten sich ihre Wangen gerötet und ließen die Sommersprossen beinahe verschwinden. Schmutzflecken bedeckten ihr helles Kleid und die Haube war ihr vom Kopf gerutscht. In der Nachmittagssonne glänzten ihre blonden Haare beinahe weiß, wie die Monja Blanca, die weiße Nonne, die Juan ihr heute geschenkt hatte. Er hatte Margarete die Orchidee nur überreichen wollen, um sich von ihr zu verabschieden. Doch sie war aus dem großen Herrenhaus davongelaufen und mit ihm in den Nebelwald, der die Kaffeefinca umgab, geflohen. Schon nach kurzer Zeit waren die lauten Rufe ihrer Gouvernante, die nach ihnen suchte, verklungen. »Sie wird sehr wütend sein, wenn du nicht bald zurückkehrst.«
»Ach was.« Margarete machte eine wegwerfende Geste mit der Hand. »Sie ist immer ärgerlich. Lass uns heute ein Abenteuer erleben.«
Ihr Lächeln verschwand hinter einem Schleier aus Traurigkeit. Juan schaute sie prüfend an und strich ihr sanft die Strähne zurück, die ihr immer wieder vorwitzig ins Gesicht fiel. Sie legte ihre Hand über seine und lehnte ihre Wange an sie. Gemeinsam schwiegen sie einen Augenblick. Vorsichtig entzog er ihr die Hand und öffnete den Mund.
»Bitte, bitte«, kam sie seinen Worten zuvor. Schwermut umschattete ihre hellen Augen und ließ sie älter, erwachsener wirken. »Heute ist unser letzter gemeinsamer Tag. Schenk mir ein bisschen Zeit.«
»Mehr als das.« Er beugte sich zu ihr und küsste sie auf den Scheitel, schloss die Augen und flüsterte: »Ich habe dir mein Herz geschenkt.«
Sie schwieg und lehnte sich an ihn, spürte seinen Herzschlag an ihrer Wange. Er hielt sie fest, so fest, dass es schmerzte, aber sie zog ihn nur enger an sich, als ob sie eins mit ihm werden und die Welt und das Wissen um den Abschied ausschließen wollte.
»Bring mich zu unserem Wasserfall«, bat Margarete schließlich und atmete tief ein. Sie wollte nicht weinen, doch sie kam nicht gegen die tiefe Verzweiflung an, die sie zu überwältigen drohte. Sie wandte den Kopf ab, aber er hatte ihre Tränen bereits bemerkt. Sanft berührte er ihr Kinn und drehte ihren Kopf zu sich.
»Es ist nur ein Jahr«, sagte er. Seine Stimme klang rau und er schluckte, als ob auch er gegen Tränen ankämpfte.
»Wirst du auf mich warten?« Margarete drehte sich ihm zu, näherte sich seinem Gesicht, bis sich ihre Nasen berührten. Ohne es zu bemerken, hielt sie den Atem an und leckte sich die trockenen Lippen. »Wirst du?«
Er nickte, unfähig zu sprechen. Ihre Nähe verwirrte ihn und das erste Mal, seit er sie kannte, wagte er es, sie zu küssen. Schnell und flüchtig, unsicher, ob sie ihn nicht zurückweisen würde. Sie lächelte mit feuchten Augen und zog seinen Kopf wieder heran, küsste ihn. Lange und zärtlich. Tastend, sich ganz dem Gefühl hingebend, das seine Nähe und der Kuss ihn ihr hervorriefen.
Schließlich lösten sie sich voneinander, beide etwas außer Atem. Sie schauten aneinander vorbei, verlegen über die Gefühle, die sie füreinander empfanden. Er wagte den nächsten Schritt und zog sie an sich.
»Du riechst gut«, flüsterte er in ihr Ohr. Seine Lippen glitten ihren Hals hinab. Er lachte und pustete leicht in die Beuge, die Stelle, wo der Spitzenkragen ihren Hals verhüllte. »Wie der Frühling.«
»Das kitzelt.« Sie schauderte und lachte. Mit einer Drehung löste sie sich aus seiner Umarmung und lief davon. »Komm, lass uns zu unserem Wasserfall gehen.«
Juan blieb noch einen Moment stehen und lauschte. Weit entfernt hörte er die hohe Stimme der Gouvernante. Beide würden sie für den gestohlenen Nachmittag büßen müssen. Das war ihm nur zu bewusst. Aber was konnte ihnen Schlimmeres geschehen als die Trennung voneinander?
Er horchte noch einmal, zuckte mit den Schultern und folgte Margarete zum Wasserfall. Den Ort, wo er sie das erste Mal gesehen hatte. Lächelnd erinnerte er sich. Vor vielen Jahren war sie schon einmal davongelaufen. War einem Quetzal in den Dschungel gefolgt, ohne sich den Weg zurück einzuprägen. Der bunte Vogel hatte sie weiter und weiter von ihrem Zuhause fortgeführt, bis der Nachmittag anbrach. Ihr Vater hatte alle Arbeiter und deren Familien zusammengerufen und demjenigen eine Belohnung versprochen, der seine Tochter zurückbrachte. Zum ersten Mal hatte der Junge an diesem Nachmittag einen Menschen in dem Herrn der Finca gesehen. Einen Vater, der bleich vor Sorge um seine Tochter war.
Nur mit viel Glück hatte Juan das leise Weinen des Mädchens gehört und die Tochter des Herrn gefunden. Die hellen Haare aufgelöst, die Augen gerötet von den Tränen, die Arme zerkratzt von Dornen und dennoch hatte Juan gedacht, dass er nie ein schöneres Mädchen gesehen hatte. Sie kauerte am Wasserfall. Die Nachmittagssonne spannte einen Regenbogen über der sprühenden Gischt. Einen Regenbogen, in dem das Mädchen saß. Wie eine Göttin der alten Mythen war sie ihm erschienen, wie Ix Chel, Herrin des Regenbogens, Göttin des Wassers.
Vorsichtig hatte er sich ihr genähert und Margarete sanft angesprochen. Ohne zu überlegen, war sie ihm in die Arme gestürzt und hatte ihn angefleht, dass er sie nach Hause bringen sollte.
Von der Belohnung hatte seine Familie die dringend notwendige Medizin für seinen kleinen Bruder kaufen können und ein Hochzeitskleid für seine Schwester. Juan jedoch war das Geld gleichgültig. Er war verzaubert von Margarete und suchte immer wieder ihre Nähe. Wohlwissend, dass er sich damit in Gefahr begab.
Heimlich mussten sie sich treffen, stets in Sorge, dass jemand sie entdeckte. Ohne dass sie jemals darüber sprachen, wussten beide, dass ihre Freundschaft niemals geduldet werden würde. Und als sich aus der Freundschaft Verliebtheit entwickelte, waren sie noch vorsichtiger geworden. Und dennoch. Jemand musste sie miteinander gesehen und an den Herrn verraten haben. Zur Strafe hatte dieser beschlossen, Margarete wegzuschicken. Weit weg.
»Wo bist du mit deinen Gedanken?« Margaretes Stimme zog Juan aus seinen dunklen Gedanken. Sie saß am Wasserfall, wieder umrahmt von einem Regenbogen, dessen Farben blass und durchscheinend wirkten. Ihr helles Kleid hob sich von der roten Erde ab. »Woran denkst du?«
»Wie weiß deine Haut ist.« Der Junge streichelte die Hand des Mädchens. Zart, kaum spürbar, glitten seine dunklen Finger über ihren Unterarm. Margarete erschauerte und betrachtete seine Hand. Für einen Maya hatte Juan sehr helle Haut, beinahe wie ein Ladino. Sie wusste, dass Juan darunter litt auszusehen wie ein Mischling. Auch wenn sie arm war, war seine Familie stolz. Stolz darauf, in direkter Linie von den alten Herrschern, den Maya, abzustammen und niemals Kinder der spanischen Eroberer bekommen zu haben. Nachdem Juan geboren war, hatte seine Mutter ihn zu einem brujo, einem Schamanen, gebracht und ihn um Hilfe gebeten. Obwohl der Mann ihn mit einem Zaubermittel eingerieben hatte, war Juan hellhäutiger geblieben als die anderen Mitglieder der Familie.
Und er hatte in der Schule Lesen und Schreiben und Rechnen gelernt. Einen klugen Kopf hatte der Lehrer ihn genannt und bedauert, dass Juan nur ein Indio war. Ein Indio, dessen Wissensdurst ihn in Konflikt mit den engen Grenzen brachte, in denen sein Volk leben durfte, wenn es nach den deutschen Kaffeebauern ging, die den Nebelwald und das Hochland von Alta Verapaz beherrschten.
Als ob das nicht bereits schlimm genug war, hatte er sich auch noch in die Tochter des Herrn verliebt und weigerte sich, ein Maya-Mädchen zur Frau zu nehmen. Margarete wollte ihm danken, wollte ihm sagen, wie sehr sie seine Liebe zu schätzen wusste. Sie wollte ihm beistehen und versichern, dass sie ahnte, unter welchen Druck ihn seine Familie setzte, aber sie schwieg. Juan sprach nicht gern von seiner Familie und seinen Sorgen. Das respektierte sie. Also lehnte sie sich in seinen Armen zurück und schwieg gemeinsam mit ihm. Sanft brach sich das Licht im Wasser und der Fluss schien ihnen mit seinem leisen Glucksen etwas zuzumurmeln. Margarete reckte ihr Gesicht der Sonne entgegen.
»Wir müssen zurück«, sagte Juan schließlich und sie spürte das Bedauern in seiner Stimme. Warum konnten sie nicht einfach hierbleiben, den Rest ihres Lebens am Wasserfall verbringen?
»Lass uns fliehen«, flehte Margarete mit leiser, aber eindringlicher Stimme. Sie waren jung und kräftig. Er würde sicher Arbeit auf einer der anderen Kaffeefincas finden oder bei den Holzfällern. Und sie … sie könnte vielleicht Kinder unterrichten. Allein der Gedanke daran, wie sie vor einer Schulklasse stand, brachte sie zum Schmunzeln. So schön es auch wäre, ein gemeinsames Leben mit ihm, so sehr blieb es ein Wunschtraum.
»Ich werde dich nicht vergessen«, flüsterte sie und hoffte, dass er verstehen würde, was dieser Satz bedeutete. All das Ungesagte, das zwischen ihnen stand und weiter stehen würde, wenn sich morgen für lange Zeit ihre Wege trennen würden. »Ich werde zurückkehren.«
Er schwieg.
Sie wagte es nicht, ihn anzuschauen, fühlte sich verloren in den Worten, die sie gesagt hatte und die er einsam stehen ließ.
»Du wirst in deiner Welt leben«, antwortete Juan schließlich. So leise wie der Wind, der in den Blättern der Bäume spielte. »So viel Neues sehen, dass ich in deinen Gedanken verblassen werde …«
Er schaute zu Boden und spielte mit einem Stein, einem vom Wasser glattpolierten grauen Kiesel, ließ ihn von einer Hand in die andere gleiten.
»Nein!« Trotzig hob sie den Kopf, griff mit einer schnellen Bewegung nach dem Stein und warf ihn in den See. »Nein. Ich werde dich nie vergessen. Das schwöre ich.«
Er schaute sie an und lächelte. Mit einer fließenden Bewegung sprang er auf und reichte ihr die Hand. »Komm. Sonst wirst du großen Ärger bekommen. Das Fräulein sucht nur einen Grund, um dich anzuschwärzen.«
»Pfff«, antwortete sie und zwinkerte ihm zu. Sie griff nach seiner Hand, ließ sich von ihm hochziehen und lehnte sich gegen seine Brust. »Ich fürchte mich nicht vor Fräulein Dieseldorf.«
»Du fürchtest dich zu wenig.« Er hielt ihre Hand in seiner und gemeinsam gingen sie zurück.
Schon von Weitem hörten sie Stimmen, die ihren Namen riefen. Viele Stimmen. Die Gouvernante hatte Diener zu Hilfe gerufen, um die Ausreißerin zu suchen.
Juan drückte Margaretes Hand, bevor er sie losließ und zwei Schritte zur Seite trat.
»Warum?«, fragte das Mädchen und wollte nach seiner Hand greifen. »Bleib bei mir.«
Er entzog sich ihren suchenden Fingern und hob bedauernd die Schultern. »Ich muss an meine Familie denken …«
Sie nickte. Zu selten dachte sie daran, dass er nicht ihre Freiheiten teilte, dass er mehr Verantwortung auf seinen Schultern trug als sie.
»Mein Versprechen gilt«, flüsterte sie und trat aus dem Dunkel des Waldes auf die Lichtung. Er folgte ihr mit kleinem Abstand, den Kopf respektvoll gesenkt, wie es von einem Arbeiter erwartet wurde.
Dort warteten Fräulein Dieseldorf und zwei Diener, die dem Mädchen und dem Jungen neugierig entgegensahen. Mit einer herrischen Geste sandte die Gouvernante die Diener fort und eilte mit kleinen, hektischen Schritten auf Margarete und Juan zu.
»Du sollst dich nicht mit diesem Indio herumtreiben.« Ihre Worte klangen harsch. »Schau nur, wie du wieder aussiehst.«
Margarete blickte an sich herab. Grasflecken stachen dunkel von ihrem hellen Kleid ab. Im Saum hatte sich Erde verfangen und es war an einigen Stellen zerrissen. Sie hob die Hand mit einer Geste der Entschuldigung.
»Und du …« Alice Dieseldorf wandte sich dem Jungen zu, stach mit ihrem spitzen Zeigefinger auf ihn ein. »Du solltest es besser wissen. Wenn ich das dem Herrn berichte, wird er deine Familie entlassen.«
Triumphierend richtete sie sich auf. Ein kaltes Lächeln glitt über ihr Gesicht und ließ die hageren Züge wirken wie eine Maske.
»Nein! Nein!« Juan erbleichte. Alle Farbe schien aus seinem Gesicht zu weichen. »Bitte nicht. Es tut mir leid.«
»Das hättest du dir früher überlegen müssen.« Einzelne stumpfbraune Strähnen hatten sich aus Fräulein Dieseldorfs sorgfältig gelegter Frisur gelöst und standen wirr um ihr Gesicht. Sie erinnerte Juan an Darstellungen bösartiger Götter auf den verwitterten Steinen der alten Tempel. »Jetzt musst du mit den Konsequenzen deines Handelns leben.«
»Nein.« Leise und klar sagte Margarete nur das eine Wort. Sie stellte sich neben Juan und reckte das Kinn empor. »Lassen Sie ihn in Ruhe. Oder …«
Die Gouvernante schien in sich zusammenzufallen. Ihre Schultern sackten herab und sie kniff die dünnen Lippen zusammen.
»Komm jetzt«, sagte die Gouvernante dann mit einem Blick voller Verachtung.
Margarete tastete nach Juans Hand und hielt sie einen Moment. Er streichelte mit dem Daumen über die weiche Stelle zwischen Daumen und Zeigefinger. Mit einer raschen Bewegung zog er sie an seine Lippen und hauchte einen Kuss auf die Fingerspitzen. Dann drehte er sich abrupt um und lief in den Wald. Margarete schaute ihm nach. Tränen glitzerten in ihren Augen.
»Was du nur an ihm findest«, bohrte sich die spitze Stimme des Fräuleins in ihre Traurigkeit. »Dreckiger Indio. Ich sollte es deinem Vater erzählen.«
»Gar nichts werden Sie tun«, antwortete Margarete mit kalter Stimme. »Und im Übrigen: Er heißt Juan. Wie Sie sehr wohl wissen.«
Margarete und die Gouvernante maßen einander mit ihren Blicken.
»Vielleicht wirst du in Deutschland Manieren lernen«, sagte Alice Dieseldorf schließlich. Bevor Margarete etwas erwidern konnte, drehte sich die Gouvernante um und ging in Richtung des Herrenhauses davon.

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Mehr über und von Christiane Lind auf ihrer Website.

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