20. Oktober 2017

'Wenn du mich endlich liebst ...' von Linne van Sythen

Als Annas Baby stirbt, sie ihren Mann beschuldigt und sich trennt, gesteht Bardo ihr endlich seine Liebe. Obwohl er sich rührend um sie kümmert, kann er ihr Herz nicht erobern. Er bedrängt Anna so sehr, dass sie sogar in eine andere Stadt flieht.

Bardo folgt ihr heimlich. Weil sie inzwischen mit Mario zusammen ist, wirbt er nicht offensiv um sie, sondern mailt er ihr über eine Internetpartnerschaftsagentur als Thomas. Als Anna ihn tatsächlich treffen will, zögert Bardo. Was passiert, wenn Anna entdeckt, dass Thomas ihr alter Freund Bardo ist? Und muss er Mario nicht erst von ihr wegtreiben? Besessen taktiert Bardo immer gewagter und verstrickt sich in sein Netz aus Lügen und Intrigen. Dabei kommt Anna ihm auch noch auf die Spur.

Hat er nun endgültig verloren? Oder kann es für ihn und Anna doch noch die ersehnte große Liebe geben?

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Leseprobe:
Eine halbe Stunde später schreckte Bardo das Tatütata eines Rettungswagens aus seinen Frauensehnsüchten auf. Er blickte durch sein weit geöffnetes Fenster nach draußen. Inzwischen war Wind aufgekommen. Die Blumen in den Balkonkästen des grauen Mietshauses gegenüber flatterten, genauso wie die T-Shirts, Jeans, Handtücher und Badeanzüge, die die Bewohner auf selbst gezogenen Leinen aufgehängt hatten. Hier im dritten Stock schien es ihm, als flöge der Rettungswagen heran.
Das Geheul wurde lauter und lauter. Es brach ab. Hatte der Wagen genau vor seinem Haus angehalten? Er sprang auf und streckte den Oberkörper aus dem Fenster hinter seinem Schreibtisch. Tatsächlich, der Wagen mit Blaulicht auf dem Dach quetschte sich schräg in eine zu kleine Parklücke direkt vor dem Eingang. Die Warnlichter vorn und hinten blinkten. Zwei Sanitäter rannten auf die Haustür zu.
Zu wem wollten sie? Himmel, bitte nicht zu Anna. Er zog den Kopf aus dem Fenster zurück, spürte, wie er noch mehr schwitzte.
Bardo hastete zur Wohnungstür, riss sie auf und beugte sich über das Treppengeländer. Die Sanitäter polterten die alte Holztreppe hinauf. Sehen konnte er sie nicht, nur ihre zwei weißen Kittelarme mit roten Streifen, die sich auf dem Geländer immer weiter nach oben schoben. Im zweiten Stock verschwanden die Arme. Also wollten die Retter tatsächlich zu Anna. Die Raabes, die bei Anna und Pit gegenüberwohnten, waren um diese Zeit nicht zu Hause, arbeiteten in ihrem Buchladen.
Anna! Wenn Anna was passiert war!
Bardo stürzte nach unten. Er sah sich vor wie noch nie, auf der frisch gebohnerten Treppe nicht auszurutschen. Kaum stand er vor Annas Wohnungstür und wollte klingeln, stellte er fest, dass die Tür nur angelehnt war. Bestimmt hatten die Sanitäter sie offen gelassen.
Mit ausholenden Schritten stapfte er den Flur entlang. Beinah stolperte er über eine volle Einkaufstüte vor der Küchentür, aus der Porreestangen und ein Baguette herausragten. Sein Blick schweifte kurz in die Küche. Abwaschberge auf der Spüle, das Frühstücksgeschirr noch auf dem Tisch. Es roch nach angebrannter Milch.
Bardo blieb stehen und lauschte auf die Stimmen. Sie mussten aus dem hinteren Teil der Wohnung kommen. Er lief weiter. Die Tür zu Pits Arbeitszimmer war geschlossen. Im Schlafzimmer erspähte er ein leeres verwühltes Bett. Davor lagen wie hingepfeffert eine Jeans, ein gelbes Hemd, eine karierte Boxershorts und gelbe Socken. Bardo erreichte das Kinderzimmer und blieb in der offenen Tür stehen.
Mitten im Zimmer stand Anna und hielt Sven-Martin an ihre Brust gedrückt. Sie beugte ihr Gesicht tief über das Baby. Die beiden Sanitäter, die dicht bei ihr standen, schauten auch auf das Kind. Bardo atmete auf. Anna war unverletzt. Was war mit Sven-Martin?
Einer der Sanitäter, offenbar der Notarzt, presste ein Stethoskop auf Sven-Martins Brust. Bardo schaute zu Pit. Er stand etwas abseits, lehnte am Kinderbett, die Augen weit aufgerissenen, die dunkelblonden Locken wild zerzaust. Mit beiden Händen umfasste er seine Schultern, so als wollte er sich selbst festhalten. Neben ihm auf dem Wickeltisch entdeckte Bardo einen kleinen, runden Schokoladenkuchen mit einer Kerze in der Mitte. Ihm stockte der Atem.
Blitze schossen ihr grelles Licht in den Raum. Es donnerte zwar verhalten in der Ferne, aber der Wind hatte erheblich zugenommen. Es stürmte. Die Jalousie vor dem Fenster schlug klopfend gegen die Scheibe.
Der Notarzt nahm Anna sanft, aber entschieden das Baby aus den Armen, hielt es waagerecht und musterte es mit besorgtem Blick. Bardo starrte auf das blau-bleiche Gesichtchen und presste die Handflächen gegeneinander. Sven-Martins Wangen, die Nase und Stirn wirkten wie aus Wachs modelliert. Annas weit aufgerissene Augen suchten eine Antwort im Gesicht des Mannes, der ihr Baby fachkundig betrachtete. So blass hatte er sie noch nie gesehen. Er erschrak. Wie stumpf ihre braunen Augen aussahen. Der Arzt sog scharf die Luft durch die Zähne, sein Mund verzog sich. Kaum merklich schüttelte er den Kopf und strich dem Baby zärtlich über die Stirn. Bardo begriff sofort.
Anna faltete die Hände und presste sie gegen Mund und Nase. Diese Geste zeigte Bardo, auch sie wusste es, ohne dass der Arzt nur ein Wort sagen musste. Sven-Martin war tot. Jegliche Farbe wich aus ihrem Gesicht.
Es donnerte lauter. Bardo verbot sich energisch den Gedanken, dass der Himmel dieses so überaus traurige Ereignis kommentierte. Er musste aufstoßen, begann zu frieren.
„Wir müssen die Kripo informieren“, sagte der Arzt leise.
Anna taumelte und sackte zu Boden. Der Sanitäter griff blitzschnell nach ihr, verhinderte, dass sie mit dem Kopf auf den Stuhl aufschlug, der neben dem Kinderbett stand. Bardo wollte zu Anna, wollte sie wieder aufrichten, wollte sie in die Arme nehmen, aber er bremste sich. Pit war ihr Mann. Und der Vater. Warum tat er nichts, verdammt? Er klammerte sich am Kinderbett fest und schaute von Anna zu seinem Sohn und wieder zu Anna. Auf Bardo wirkte er wie gelähmt, wie jemand, der in einen Albtraum gestürzt war und hoffte, gleich aus dem Grauen zu erwachen.
Der Sanitäter hob Annas Beine an. Bardo beobachtete, wie ihr Gesicht wieder ein wenig Farbe bekam. Sie öffnete kurz die Augen und schloss sie wieder.
„Frau Mahler! Frau Mahler!“ Der Sanitäter klopfte sanft auf ihre Wangen.
Anna öffnete die Augen wieder. Bardo seufzte erleichtert.
„Ein Jahr, nur ein Jahr“, stöhnte sie. Ihr Kopf fiel zur Seite.
Er fing ihren Blick auf. „Bardo, Bardo“, flüsterte sie.
Auch die Rettungssanitäter und Pit schauten kurz zu ihm. Der Arzt legte Sven-Martin in sein Bettchen und deckte ihn zu, so als sollte er seinen Mittagsschlaf halten.
Der Sanitäter ließ Annas Beine zurück auf den Boden sinken. Der Arzt öffnete seine große schwarze Tasche. „Wir spritzen Ihnen Valium“, sagte er zu Anna.
Anna riss die Augen auf. „Bardo“, rief sie.
Es schien ihm so, als sagte sie seinen Namen so entschieden und gleichzeitig so flehend, wie er es noch nie von ihr gehört hatte. Das traf ihn ins Herz. Das traf ihn mehr als alle anderen Worte und Sätze, die Anna je zu ihm gesagt hatte.
Er trat ins Zimmer, hockte sich neben Anna und ergriff ihre Hand. Eine schweißnasse und dennoch kalte Hand. Der Arzt zog die Spritze auf.
„Nein, nein, nicht hier“, wimmerte Anna. „Die Spritze nicht hier! Bitte nicht!“ Sie versuchte, sich aufzurichten. „Bitte oben bei dir, Bardo.“ Sie schluchzte auf, zitterte. „Hier bleibe ich nicht.“
Er drückte ihre Hand. „Ich nehme dich mit, wenn du es willst“, sagte er leise. „Komm, ganz ruhig.“ Er sah hinüber zu Pit. Der nahm seine Nickelbrille ab und bohrte den Bügel in seine rechte Wange. Kaum merklich nickte er und presste die Lippen fest aufeinander.
Bardos Gedanken jagten. Warum war Sven-Martin gestorben? Wie konnte das geschehen? So ein gesundes Kind! Und warum wollte Anna zu ihm und nicht in ihr eigenes Bett?

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Mehr über und von Linne van Sythen auf ihrer Website.

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1 Kommentare:

Am/um 30. Oktober 2017 um 20:38 , Blogger Steffie-Cel meinte...

Toller Blog!
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