24. Juli 2017

'Meine beiden Leben - Die Hexenjagd' von J.J. Winter

Dank Saphira und Lorelei im letzten Moment dem grausamen Kältetod entronnen, kehrt Jess nach Siena zurück. Dort erfährt sie von Orario nun endlich die ganze Geschichte um ihre Herkunft. Dabei wird schnell klar, dass der Hexenzirkel auch weiterhin vor nichts zurückschrecken wird, um sie zu vernichten, und so beschließen die Ursprünglichen, Jess unter einer falschen Identität in Matadepera zu verstecken, bis der Zirkel ausgelöscht ist.

Doch noch bevor es so weit ist, werden im Hintergrund neue Intrigen gesponnen und Jess gerät zum Spielball der heimtückischen Machenschaften ihrer Feinde. Bald wird deutlich, dass weder der Henker noch sein unbekannter Auftraggeber willens sind, ihre Ziele aufzugeben, und auch Samuel und Valerie lassen keine Gelegenheit aus, um Jess zu schaden. Selbst ihr geliebter Todesengel Raphael geht in seiner Verzweiflung bis zum Äußersten, um seine große Liebe zurückzugewinnen.

Voll Entsetzen muss Jess ein weiteres Mal erkennen, dass nicht nur ihre eigene, sondern auch die Existenz ihrer Familie und Freunde von allen Seiten bedroht wird. Doch inzwischen ist sie um ein Vielfaches stärker geworden, und als ihr schließlich ihr wahres Wesen offenbart wird, zieht sie erbarmungslos in den alles entscheidenden finalen Kampf …

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Leseprobe:
Gegen Mitternacht erreichten Eric und Santiago die Residenz in Impruneta. In den vergangenen Stunden waren sie von Vladimir und Tomasio über die Ereignisse des Tages unterrichtet worden.
Vladimir hatte sogar daran gedacht, für jeden ein Exemplar der Traumbücher zu besorgen. Insgesamt sechs an der Zahl hatte er sorgsam in seinem Aktenkoffer verstaut. Neben seinem Meister sollten auch Orario, Santiago und Marcus eines erhalten. Die letzten beiden waren für Tomasio und ihn selbst gedacht, da auch sie von der Geschichte von Evangeline und dem Todesengel fasziniert waren. Nun, da sie wussten, wer die Wiedergeburt jener Hexe war, die schon seinerzeit einen der mächtigsten Kronprinzen in ihren Bann gezogen hatte, war ihr Interesse, alles zu erfahren, stärker als jemals zuvor.
Außerdem ergaben jetzt einige Vorgänge Sinn und waren logisch nachvollziehbar. Ebenso lieferte ihnen das Wissen um Evangeline eine Erklärung für die außergewöhnliche Beziehung zwischen dem Kronprinzen und seinem Engel.
Sie waren füreinander bestimmt, Seelenverwandte, wie man sie nur selten fand.

***

Während die Ursprünglichen damit beschäftigt waren, die Bücher eingehend zu studieren, um über alles im Bilde zu sein, wenn sie vor Orario traten, hingen die Bastarde ihren eigenen Gedanken nach.
Vladimir dachte an Mariella. Sie war sein Engel. Kurz kamen ihm die Bilder von Jess‘ herzlicher Begrüßung auf der Hochzeit in den Sinn. Sie hatte Eric gebeten, auch Mariella einladen zu dürfen. Das war das erste Mal, dass er nicht in seiner Funktion als Leibwächter auf einer Party erschienen war, sondern als Freund und Ehemann, mit seiner großen Liebe im Arm, während Eric freundlich lächelnd in seiner Nähe stand.
Tomasios Gedanken waren etwas schwerer. Er war gerade im Begriff, den letzten Funken seiner geheimsten Hoffnung im Keim zu ersticken und endgültig zu begraben. Ja, er hatte noch welche gehabt, das musste er sich in diesem Moment eingestehen. So ausweglos seine Situation auch war, so hatte er doch von einem Happy End geträumt. Und einer gemeinsamen Zukunft mit der Kronprinzessin der Vincenzes.
Er, der Bastard, hatte sich zum ersten Mal in seiner langen Existenz gewünscht, keiner zu sein, sondern ein Reiner. Um mit der Frau zusammensein zu können, die er so vergötterte. Einmal hatte er von ihr gekostet, oder besser gesagt sie von ihm. Ohne Vorwarnung war sie über ihn hergefallen und hatte ihn mit sich in den süßen Nebel gezogen.
Unfähig, sich zu wehren, das abzuwenden, was im Anschluss unweigerlich mit ihm passieren würde, tauchte er ab. Ließ sich fortreißen und treiben. Dieser eine Kuss hatte ihn mehr berauscht als alles andere, was er bis dahin erlebt hatte. Und das war schon Einiges gewesen. Sie war ein Mensch, gezeichnet als die künftige Kronprinzessin eines der mächtigsten Clans in Europa und baldige Ehefrau eines der gefürchtetsten und einflussreichsten Kronprinzen, und er war ihr hilflos ausgeliefert, gefangen in einem Kuss.
Von Beginn an war sie unerreichbar gewesen, dennoch, die Hoffnung stirbt zuletzt. Aber hier im Wagen, neben Vladimir und den Adligen, mit einer Ausgabe der Traumbücher in Händen, musste auch er sich nun endlich eingestehen, dass es an der Zeit war, sich von Jess zu verabschieden.

***

Orario war mehr als aufgebracht, als die vier in seinen Privaträumen eintrafen. Gewissenhaft schloss der Zeremonienmeister die Türen und wies Nevio und Aaron an, niemanden bis auf Hörweite heranzulassen.
Eine Viertelstunde später beendete Eric seinen Bericht und überreichte sowohl Orario als auch Marcus ein Exemplar der Traumbücher. Orario war während der ganzen Zeit auffallend still gewesen. Untypisch für den Adligen. Eric war es gewohnt, ständig von Orario durch Zwischenfragen unterbrochen zu werden. Dieses Mal nicht. Mit jedem Wort wurde der Ursprüngliche in sich gekehrter und nachdenklicher. Selbst seine anfängliche Ungehaltenheit legte sich sofort, nachdem der Name „Evangeline“ gefallen war.
Nun saß Orario auf einem der Stühle und blätterte in dem Buch, das er zuvor wie einen wertvollen Schatz in Händen gehalten hatte. Kurz überflog er die Zusammenfassung auf der Rückseite, bevor sein Blick geistesabwesend an dem Kronleuchter über ihm hängen blieb.
Ohne ein Wort erhob sich Orario nach geraumer Zeit und ging aus dem Zimmer. Ernesto ließ wenig später verlauten, dass das Oberhaupt ihrer Riege die Residenz verlassen hatte. Kurz vor Sonnenaufgang kehrte er zurück und begab sich sofort zur Ruhe.
Am nächsten Abend, kurz nach dem Erwachen, stürmte Orario aus dem Haus. Mit lauter Stimme wies er Nevio an, ihn nach Siena zu fahren. Marcus, Eric und Santiago, die ihm in der Hoffnung nach draußen gefolgt waren, eine Erklärung für sein Verhalten zu erhalten, bedeutete er einzusteigen.

Im Kindle-Shop: Meine beiden Leben - Die Hexenjagd

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