23. August 2016

'Der Grenzgänger: Eddy Zett und der Mörder vom Sternberg' von Lutz Kreutzer

Seit Eddy Zett vor zwanzig Jahren an der italienischen Grenze einen Wilderer zur Strecke gebracht hat, gilt der Alpinpolizist aus dem Gailtal als Legende. Als sich einige Fälle von grässlichen Tierverstümmelungen in den Bergen häufen, befällt Eddy eine dunkle Ahnung: Der Täter geht genauso vor wie der Wilderer damals.

Dann stirbt die Käserin der Sternberg-Alm auf dieselbe Weise. Als sich die grausamen Taten bis in die Dolomiten ausweiten, werden Eddy und sein Kletterfreund Fredo von der italienischen Alpinpolizei als Sonderermittler auf den Fall angesetzt. Was geht in dem Mörder vor? Was steckt hinter den ritualisierten Tötungen? Und wie hängen die Ereignisse der Vergangenheit damit zusammen? Ein weltbekannter Kriminalpsychologe hilft Eddy auf die Sprünge. Doch was Eddy und seine Familie dann ereilt, stellt alles in den Schatten, was die Dolomitenregion an Kriminalfällen je erlebt hat. Eddy und Fredo stehen vor einem Fall, der all ihre Kräfte aufzuzehren droht – und Eddys Leben in den Grundfesten erschüttern wird.

Ein Gänsehaut-Kriminalroman für Bergsteiger und Bergliebhaber.

Gleich lesen: Der Grenzgänger: Eddy Zett und der Mörder vom Sternberg (Rother Bergkrimi)

Leseprobe:
Als Eddy in seinem Dienstwagen saß, wurde ihm schlecht. Er nahm seine Mütze ab, legte sie auf den Beifahrersitz und rieb sich den Schweiß von der Stirn. Verdammt, dachte er. Es kribbelte, und er wusste, dass er aufpassen musste, dass er nicht wieder diese Scheißangst bekam. Langsam, mein Eddy, langsam, dachte er. Also: Erst mal überlegen!
Die Schafe vom Nosterer waren nicht das einzige Problem. Vor vier Wochen hatte ein italienischer Jagdgast eine aufgeschlitzte Gams gefunden. Ihr fehlte auch das linke Ohr. Sie hatte ebenfalls einen Zweig im Maul gehabt. Der Jagdaufseher des Waldbesitzers hatte mit Eddy darüber gesprochen, wollte aber keine Anzeige erstatten, da der Eigentümer keinen Skandal haben wollte. Eddy hatte sich darauf eingelassen. Eigentlich hätte er jetzt die Kriminalpolizei einschalten müssen, doch er wollte keine Unruhe im Tal haben. Und dann gab es noch eine aufgeschlitzte Hirschkuh im oberen Gailtal. Sie war ähnlich zugerichtet wie die Gams und die Schafe.
Doch ein anderer Gedanke quälte Eddy noch mehr. Das hatten wir schon mal, dachte Eddy, vor zwanzig Jahren, und die Erinnerung drehte ihm den Magen um. Eddys Hände wurden klamm, als er die Bilder jetzt wieder vor Augen hatte. Damals war es sehr ähnlich gewesen: tote Schafe, aufgeschlitzt, einfach liegen gelassen. Dann kamen ein paar Gämsen hinzu. Alles im Abstand von jeweils einigen Wochen. Mit einem Kleinkaliber angeschossen, aufgebrochen und nicht ausgeweidet. Allen fehlte ein Ohr, immer das linke. Und im Maul ein Zweig. Und dann hatte Eddy das Schwein erwischt. Im Obertilliacher Tal, unterhalb der Porzescharte.
Eddy war gerade drei Jahre bei der Alpinen Einsatzgruppe der Bundesgendarmerie gewesen. Revierinspektor und für Oberkärnten zuständig. Seit den Vorfällen war er oft auf Streifzug am Karnischen Hauptkamm gegangen, entlang der österreichisch-italienischen Grenze. Dabei war er auch im benachbarten Osttirol unterwegs. Gebirge machten vor Bundesländern keinen Halt, sagte er sich, und Wilderer auch nicht. Und seine Osttiroler Kollegen und er hatten einen guten Draht zueinander und informierten sich stets gegenseitig. Eddy war gerne in den Bergen, und das wussten die Kollegen und seine Vorgesetzten zu schätzen. Er tat das, um mit den Hüttenwirten zu reden, denn Eddy wollte ein Gefühl dafür bekommen, was in den Bergen los war.
An jenem Tag kehrte er bei der Porzehütte oberhalb von Obertilliach in Osttirol ein. Der Hüttenwirt, ein Aussteiger aus der Oststeiermark, der mit seiner Weltsicht nicht immer die Meinung und den Geschmack der Einheimischen traf, berichtete Eddy nach einem Fünfminutengespräch über Gott und die Welt von einem Vorfall: »Stell dir vor: I geh raus vor die Hütt’n und hinunter zum Gerätehaus, weil der Kompressor mal wieder ausgefallen war. Totenstill war’s draußen. Dann der Knall.«
»Was für ein Knall?«, fragte Eddy. »Ein Schuss, hell, nicht allzu laut, vielleicht ein Kleinkaliber. Nix Großes. Aber es war ein Schuss.«
»Wann war das?«
»Vorige Woche mal, abends, so gegen sechs auf d’Nacht.«
»Und was hast’ dann gemacht?«
»Nix. Hören tut ma ja alleweil irgendwas.«
»Hmm«, hatte Eddy gemurmelt. »Und woher kam der Schuss?«
»Von weiter oben, in der Nähe der Grenz.«
»Hast mit den Kollegen in Obertilliach oder Sillian gesprochen? Die sind dafür zuständig.«
»Geh komm, Eddy. Wenn i denen des erzähl, die machen doch nix. I bin a Steirer und sing englische Liadln, des ist so wie wenn du a Neger in Wien bist. Da bist so fremd wie nur irgendwie. Da in der Gegend gibt’s ja noch Wilderer. Und da kennt doch jeder jeden.«
Eddy verstand, was er meinte. »Hör zu, du gehst heut noch ins Tal und zeigst das den Kollegen an. Verstehst? Des war a Italiener!«
»Woher willst des wissen, Eddy?«, fragte der Wirt scharf.
»Weil die Wilderer aus Osttirol weiter drüben unterwegs sind, in Villgraten und so, aber net da, drei Meter von der italienischen Grenz weg!«
Der Hüttenwirt sah über seine runden Brillengläser und nickte zaghaft.
»Wenn du’s dir net verderben willst mit die Leut. Okay?«
Zwei Tage später rief der Kollege aus Obertilliach an und informierte Eddy über den Vorfall, von dem er nicht wusste, dass Eddy ihn schon kannte. Sie verabredeten gegenseitige Unterstützung.

Im Kindle-Shop: Der Grenzgänger: Eddy Zett und der Mörder vom Sternberg (Rother Bergkrimi)

Mehr über und von Lutz Kreutzer auf seiner Website zum Buch.

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