19. Mai 2016

'Der Kommissar und sein Alien' von Gerd Hoffmann

Für Kommissar Förster scheint es ein Tag wie jeder andere zu werden, als er zu einem Tatort gerufen wird. Doch am Opfer gibt es einige Verletzungen, die sich auch der anwesende Gerichtsmediziner nicht erklären kann. Und es bleibt nicht bei diesem einen Opfer. Erst die Bekanntschaft mit einer Frau, die sich als waschechtes Alien entpuppt, führt Förster den tatsächlichen Ernst der Lage vor Augen. Gemeinsam gelingt es dem Alien und dem Kommissar, die drohende Gefahr für die Menschheit zu beseitigen. Doch nun ist die Außerirdische auf der Erde gestrandet und damit steht Kommissar Förster vor ganz anders gearteten Problemen.

Dieser Band ist die komplette Ausgabe aller sieben Kurzromane, die in dieser Reihe erschienen sind.

Gleich lesen: Der Kommissar und sein Alien: Komplette Ausgabe

Leseprobe:
Der Kommissar hatte die halbe Nacht überlegt, ob er seinem Vorgesetzten den Namen nicht einfach verschweigen sollte. Niemand hätte ihm einen Vorwurf machen können. Aber er konnte es einfach nicht. Er konnte nicht dabeistehen und zulassen, dass ein Mensch ermordet wurde. So hatte er Konitzki den Zettel mit Namen und Adresse des potentiellen Opfers direkt am Morgen übergeben. Konitzki hatte sich sofort an die Arbeit gemacht, die Person abholen und unter Polizeischutz stellen lassen. Nun saß Förster an seinem Schreibtisch und starrte Löcher in die Luft, während sein Kollege, um irgendetwas zu tun, die Tafel mit den Hinweisen studierte.
»Hast du noch etwas von deiner Alien-Freundin gehört?«, erkundigte sich Bungert.
Förster schüttelte den Kopf. Nach einer Weile brach er das Schweigen.
»Meinst du, ich habe das Richtige getan? Wenn sie nicht mehr auftauchen sollte, dann sind wir höchstwahrscheinlich geliefert!«
Bungert schnaubte nur verächtlich durch die Nase.
»Ich bin mir sicher, die hat uns verarscht. Selbst wenn ich mittlerweile akzeptiere, dass sie ein Marsmensch ist, so glaube ich noch lange nicht an die bevorstehende Apokalypse. Ich bin immer noch davon überzeugt, dass sie hinter den ganzen Morden steckt und uns nur ein wenig an der Nase herumführen will.«
Förster sah seinen Kollegen zweifelnd an.
»Ich weiß nicht, ob ich mir wünschen soll, dass du recht hast. Wobei ich auf die Apokalypse durchaus verzichten könnte.«

Ihren Gedanken nachhängend saß die Frau, um die sich das Gespräch zwischen Bungert und Förster drehte, am Decksteiner Weiher auf einer Bank und fütterte verbotenerweise die Enten. Sie machte sich Vorwürfe, dass sie dem Kommissar am gestrigen Abend diese Adresse gegeben hatte. Andererseits hatte sie ihn wieder und wieder auf die Konsequenzen hingewiesen und er war weder ein kleiner Junge, noch war sie sein Kindermädchen.
»Du scheinst die Rolle des Beobachters sehr frei auszulegen. Du sabotierst das Spiel.«
Es überraschte Mirelle nicht im geringsten, dass nun neben ihr ein großer, schwarzhaariger Mann auf der Bank aufgetaucht war. Sie hatte schon damit gerechnet, denn da sie bereits wusste, dass das fünfte Opfer verschwunden war, würde es der Spieler erst recht wissen. Es war schließlich seine Aufgabe, darüber Bescheid zu wissen.
»Ich sabotiere es nicht, ich mache es nur interessanter«, gab Mirelle ungerührt zurück.
»Es ist nicht deine Aufgabe, das Spiel interessanter zu machen. Du glaubst doch wohl nicht, dass du mich irgendwie aufhalten kannst - aus welchem Grund du dies auch immer versuchen solltest.«
Für Unbeteiligte hätte die dunkle Stimme kühl und unaufgeregt geklungen, aber Mirelle konnte aus ihr eine Spur Ärger heraushören. Sie verfütterte das letzte Stückchen trockenes Brot an eine besonders gierige Ente, stand von der Bank auf und wandte sich ihrem Gesprächspartner zu.
»Ich versuche bestimmt nicht, dich aufzuhalten. Das Spiel langweilt mich einfach nur und ich würde es vorziehen, wenn wir irgendwo anders ein neues Spiel starten würden. Vielleicht mal eins, in dem es um wirkliche Herausforderungen geht und das nicht nur rein destruktiv aufgebaut ist.«
Ein dröhnendes Gelächter war die Antwort auf ihren Vorschlag.
»Du scheinst dir wirklich etwas aus diesem erbärmlichen Felsbrocken zu machen. Aber gewöhn dich mal lieber nicht zu sehr an diesen Anblick, denn in ein paar Tagen ist von ihm nicht mehr viel übrig. Nur noch ein wenig kosmischer Staub. Und noch etwas, nur damit du informiert bist: Glaube ja nicht, ich wüsste nicht, mit wem du Gespräche geführt und wen du über meine Ziele informiert hast.«
Im nächsten Augenblick war Mirelles Gesprächspartner verschwunden. Der letzte Satz hatte die Frau mehr als alle vorhergegangenen unterschwelligen Drohungen beunruhigt. Mirelle warf noch einen Blick auf den Weiher, dessen Bild eine idyllische Ruhe ausstrahlte. Seufzend wandte sie sich ab und machte sich auf den Weg ins Polizeipräsidium.
Sie würde versuchen zu retten, was noch zu retten war. Aber sie war sich fast sicher, dass Förster und seine Kollegen mit diesem törichten Versuch, das fünfte Opfer zu retten, die Erde zum Untergang verurteilt hatten.

Bungert stand gerade in der Kaffeeküche, als er in seinem Rücken eine vertraute Stimme hörte.
»Wo ist Ihr Kollege? An seinem Platz ist er nicht.«
Der Polizist drehte sich zu Mirelle um und fixierte sie mit einem etwas spöttischen Blick.
»Können Sie ihn denn nicht mit Ihren speziellen Alienfähigkeiten aufspüren?«
Die Frau bedachte ihn nur mit einem ärgerlichen Blick und wandte sich ab.
»Er ist mal für kleine Jungs und wird gleich wieder am Platz sein«, rief ihr Bungert noch hinterher.
Als Förster aus dem Waschraum trat sah er sich Mirelle gegenüber, die an der Wand lehnte, ihre Arme verschränkt hatte und ihn wortlos und eindeutig verärgert anblickte.
»Sie waren also tatsächlich dümmer, als ich angenommen hatte«, begann sie die Gardinenpredigt. »Ich gratuliere Ihnen zu dieser Entscheidung. Und so, wie ich die eher bescheiden verteilte Intelligenz in diesen Räumen mittlerweile einschätzen muss, würde ich sagen, dass wahrscheinlich ungefähr ein Dutzend Menschen wissen, wo sich das potentielle fünfte Opfer jetzt aufhält. Liege ich mit der Annahme ungefähr richtig?«
Förster musste ihr zustimmen. Außer Konitzki, Bungert und ihm wussten noch mindestens weitere zehn Personen von dem Aufenthaltsort - die Polizisten eingerechnet, die zum Schutz abgestellt worden waren. Als er ihr dies mitgeteilt hatte, schüttelte sie nur verzweifelt den Kopf.
»Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf - obwohl Sie auch auf diesen Rat sicher nichts geben werden - dann ziehen Sie die Polizisten von diesem Ort ab. Wenn der Spieler den Ort herausfindet - und er wird ihn herausfinden, wenn er es darauf anlegt - dann werden ihn diese Wachen bestimmt nicht daran hindern können, die Zielperson zu ermorden. Und statt einer Leiche haben Sie dann auf einmal sieben oder acht Opfer.«

Im Kindle-Shop: Der Kommissar und sein Alien: Komplette Ausgabe

Mehr über und von Gerd Hoffmann auf seiner Facebook-Seite.

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