12. Dezember 2015

"Quick: Drei Monate Leben" von Norbert Böseler

18 Stunden nach der Empfängnis bringt Janine Huber ein Kind zur Welt. Nick entwickelt sich unglaublich schnell, denn er altert an einem Tag um ein Jahr. Die Hebamme Diana Rieschel nimmt sich des Jungen an und weicht fortan nicht mehr von seiner Seite. Die beiden geraten in die Fänge eines dubiosen Wissenschaftlers, der skrupellos seinen Machenschaften nachgeht. Als Falcao, das Wesen aus dem Ei, auftaucht, kommt es zu einem dramatischen Wendepunkt in Nicks Leben.

Unter ständiger Bedrohung lebend, schreitet seine Zeit unaufhaltsam voran. Kann die Prophezeiung Rettung bringen?

Quick ist ein spannender Wettlauf mit der Zeit. Die Geschichte vereint Dramatik und Horror zu einem außergewöhnlichen Thriller.

Gleich lesen: Quick: Drei Monate Leben

Leseprobe:
Abgeschnittene Fingernägel lagen wahllos verstreut auf dem alten Tisch. Wie verendete Mehlwürmer verteilten sie sich auf der zerkratzten Holzplatte. Einige befanden sich auch auf dem verblichenen Dielenboden, direkt neben einem Büschel grauer Haare. Fein säuberlich aufgereiht standen zwischen den Fingernägeln sechs Patronen. Silbern glänzten sie im ersten Tageslicht. Mit zitternder Hand nahm der alte Mann die erste Patrone von links und führte sie zu der geöffneten Trommel seines handlichen Revolvers. Seine unruhige Hand verfehlte zunächst das kleine Ladeloch. Beim zweiten Versuch drückte er die Kugel ohne Probleme in die gähnende Leere der Aufnahme. Nach und nach lud er die restlichen fünf Patronen ein, schloss die Trommel, und legte die Waffe auf den Tisch ab.
Ihm war kalt. Nur mit T-Shirt und Jeans bekleidet, saß er vor Kälte bibbernd auf einem wackeligen Holzstuhl. Seine nackten Füße steckten in Sandalen. Die Zehennägel hatte er nicht abgeschnitten. Er würde es später nachholen, wenn es noch ein Später gab.
Obwohl es mitten im Sommer war, hatte es sich in der Berghütte die Nacht über merklich abgekühlt. Jetzt am frühen Morgen schienen aber schon die ersten Sonnenstrahlen durch das verschmutzte Butzenfenster. Eine leichte Windböe drang durch die zum Teil lückenhafte Verbretterung ins Innere und wirbelte Staub auf, der im jungfräulichen Tageslicht durch die Luft tanzte. Es würde nicht mehr lange dauern, bis die Sonne hoch über dem Berg stand und mit ihrer strahlenden Kraft die Hütte erwärmte. Solange musste der alte Mann hier ausharren, wahrscheinlich noch länger. Hoffentlich nicht noch eine Nacht. Er wusste nicht, ob er eine weitere Nacht bei eisiger Kälte überleben würde. Sowieso beschäftigte ihn die Frage nach dem nahenden Lebensende. Sein Körper hatte in den letzten Tagen doch rapide abgebaut. Geistig war er nach wie vor fit, aber die Müdigkeit, die sich in seine maroden Glieder schlich, bereitete ihm große Sorgen. Die Altersflecke in seinem Gesicht und auf den Armen vermehrten sich täglich und übersäten seine sonnengebräunte leicht runzelige Haut. Seine Haare und der Bart wurden mit der Zeit immer grauer, was er aber nicht als störend empfand. Die langen Haare hatte er zu einem Zopf zusammengebunden, so konnte er sie einfacher abschneiden, wenn sie zu lang wurden. Es war noch gar nicht lange her, da hatten seine Haare die Farbe von Ebenholz. Erstaunlicherweise verfügte er über makellose Zähne, noch befanden sich alle an Ort und Stelle, was er sehr verwunderlich fand. Sonderbar waren nicht nur die Zähne des alten Mannes.
Er hieß Nick, wurde aber von bestimmten Leuten, die ihn nur als Wunder der Natur betrachteten, Quick genannt. Seine Mutter hatte er nie kennengelernt. Auf seinen Vater wartete er jetzt. Wie sein Erzeuger hieß, wusste er nicht, wahrscheinlich Luzifer, denn er schien direkt aus den Tiefen der Hölle zu kommen.
Quick war drei Monate alt und wartete.

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