4. August 2015

'Hochmut' von Mark Franley

Was Heil versprach, brachte den Untergang. Bei den Schuldigen dominiert gnadenlose Arroganz und Gier. Selbst im Angesicht der Gefahr sind sie nur zögerlich bereit, ihr wahres Gesicht zu zeigen. Doch keiner von ihnen ahnt, zu was die Opfer fähig sind. Wer alles verloren hat, überschreitet eine Grenze – eine Grenze, hinter der es kein menschliches Mitgefühl mehr gibt.

Folgen Sie Kommissar Köstner und seinem Team durch die Abgründe dieses Falls und entscheiden Sie selbst, wer Ihr Mitgefühl verdient hat.

Gleich lesen: Hochmut: Psychothriller (Mike Köstner 5)

Leseprobe:
Das Knarren der alten Holztreppen suggerierte den Eindruck von Normalität, einer Normalität, die es in Martins Leben nicht mehr gab. So müde wie er selbst war, gab das Holz bei jedem seiner langsamen Schritte nach und entspannte sich anschließend wieder. Fast so als wäre es froh, seine Last nicht mehr tragen zu müssen.
Es war nicht sein Körper, der zu kraftlos für den Weg hinauf in den Dachboden war, vielmehr war es das Leben selbst, welches er nicht mehr begriff. Alles war ihm entglitten, erst Maria, dann sein Job, anschließend sein letzter Freund; und bald, sehr bald, würde ihn auch die kleine Jasmin verlassen.
All diese Veränderungen kamen nicht von heute auf morgen, es begann schleichend, steigerte sich und war noch lange nicht zu Ende. Doch im selben Maße, wie die Realität eine andere wurde, schärfte sich sein Blick für die Wahrheit. All das, was man sein Leben lang irgendwie hinnahm, wurde immer mehr zu einer unerträglichen Erkenntnis.
Martin öffnete die dünne Holztür und trat auf den Dachboden. Staub wirbelte auf, schien sich in einem der dünnen Lichtstrahlen zu sammeln, um anschließend einen wilden Tanz zu vollführen. Der dicke Strick hing dagegen unbeteiligt von einem der oberen Balken und wartete geduldig auf seine Aufgabe.
Staub. Martin hielt den Gedanken fest. Maria war Staub, und auch Jasmin würde sich bald mit dem Staub ihrer Mutter vereinen.
Martins Blick streifte den dicken Knoten in der Mitte des Seils, was ihm für die Dauer eines Wimpernschlages das Gefühl von Sicherheit gab, dann durchquerte er den kargen Raum bis zur hintersten, dunkelsten Ecke.
Alles war so, wie er es verlassen hatte. Natürlich, wer sollte auch etwas verändern?
Begleitet von einem stummen Gebet zündete er die beiden Kerzen an, kniete sich auf die Waschbetonplatte und nahm die erste der Klammern, die andere als Sadomaso-Spielzeug verwendeten.
Der Schmerz war nichts gegen den Sturm in seinem Inneren, ganz im Gegenteil, er half ihm, den Sturm für einige klare Gedanken lang zu bändigen. Klammer zwei und drei folgten, es waren die guten, die mit kleinen Stacheln am Ende. Zufrieden blickte er auf sein Blut, das als dünnes Rinnsal an seinem Bauch hinunterlief und sich dort sammelte, wo er sich früher mit Maria vereint hatte und von wo auch der Samen für Jasmin herstammte.
Martin schloss die Augen und wartete. Der mentale Absturz dauerte nur Sekunden, wobei er in seinem Geist erst einige innere Barrieren durchbrach, in einen See aus Blut eintauchte und schließlich auf der unnatürlich grünen Wiese aufwachte.
Endlich war er zurück, das war seine Welt. Es war die Welt, in die er gehörte und in der das Band der Liebe alles miteinander verband.
Maria tanzte mit Jasmin durch das hohe Gras, wirbelte sie in die Luft und fing sie wieder auf. Das vergnügte Quietschen seiner Tochter wurde von einer Böe bis zu ihm getragen und zauberte ein endloses Lächeln in sein Gesicht. Martin sah, wie sich das leichte Sommerkleid seiner Frau im Wind an ihren Körper schmiegte und ihre Konturen sichtbar wurden.
Jasmin löste sich von ihrer Mutter, rannte ausgelassen im Slalom durch die hohen Mohnblumen auf ihn zu und breitete ihre kurzen Ärmchen aus. Kurz bevor sie ihren Vater erreichte, hatte Maria sie eingeholt. Mit einem Griff unter die Achseln hob sie ihre Tochter in die Höhe, ließ sie kurz durch die Luft fliegen und eine Sekunde später landeten beide in einem Meer aus Frühlingsblumen … ein Spiel, das ihr Leben besiegeln sollte.
Martins Gedanken lösten sich aus der Szene, tauchten erneut in den See aus Blut und durchbrachen all die Barrieren von der anderen Seite, um schließlich wieder in dieser falschen Realität zu landen. Sein schneller Atem brachte die Kerzenflammen zum Flackern, doch er wusste, dass diese Flammen nie wirklich erlöschen würden. Ohne etwas zu spüren, entfernte er die Klammern, beugte sich über die erste Kerze und nahm deren Flamme in seinem Mund auf. Um die Liebe von Mutter und Tochter zu vereinen, beugte er sich anschließend über die zweite Flamme und wiederholte das Prozedere, verharrte einen Augenblick, um das Geschehene wirken zu lassen, und verließ den Dachboden.

Im Kindle-Shop: Hochmut: Psychothriller (Mike Köstner 5)

Mehr über und von Mark Franley auf seiner Website.

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