29. Juli 2015

"Der Pakt mit dem Wolf" von Regine Sommer

Johanna will frei sein. Dies ist ein schwer zu erreichendes Ziel als junge Frau im Mittelalter. Sie geht daher einen gefährlichen Weg und lebt in ständiger Angst vor Entdeckung. Unfreiwillig wird sie dabei von unheimlichen Kräften in ein Spiel um Macht und Liebe gezogen. Wem kann sie vertrauen? Erik, dem charismatischen Krieger aus dem Norden, oder dem Herzog, der unheimliche Fähigkeiten zu haben scheint und ihr Geheimnis aufzudecken droht?

Johanna entdeckt eine geheimnisvolle Welt, den Nebelwald. Dort leben Kreaturen, die einer längst vergangen Zeit entstammen und ihre Macht zurückgewinnen wollen. Dafür brauchen sie Johanna und sie setzen alles daran, sie auf ihre Seite zu ziehen. Es scheint kein Entrinnen für Johanna zu geben. Welchen Weg wird sie wählen, um sich ihre Freiheit zu bewahren?

Dieser historische Fantasy-Roman spielt im Norddeutschland des Mittelalters und greift Sagen der Wikinger auf.

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Leseprobe:
»Prügel, Prügel.«, riefen die Kinder im Chor und lachten. Johann krümmte sich zu einer Kugel zusammen, um sich vor den Schlägen des größeren Jungen zu schützen. Unbarmherzig wurde er in den Schlamm des Burghofes gedrückt. Er war zu klein und zu schmächtig, um sich gegen Otto, den Sohn des Schmieds, zu wehren, obwohl dieser jünger war als er.
»Jetzt schlag ich dich grün und blau, du Feigling.«, drohte Otto und die anderen Kinder feuerten ihn weiter an.
Es war nicht das erste Mal, dass Otto ihn verprügelte. Johann war schon häufig mit einem zugeschwollenen Auge und blauen Flecken in die Schreibstube zurückgekehrt. Doch diesmal war es besonders schlimm.
Johann wimmerte und Tränen der Demütigung und des Schmerzes liefen ihm die schmutzigen Wangen hinab.
»Er heult wie ein Mädchen.«, rief eines der älteren Kinder schadenfroh und die anderen grölten vor Lachen. Sogar Anna, die kleine Küchenmagd, mit der Johann so gerne ein paar Worte wechselte, lachte mit.
Zwei der anderen Jungen mischten sich ein und begannen, auf Johann mit den Füßen einzutreten. Langsam fühlte er, wie er das Bewusstsein verlor. Ob sie ihn diesmal umbringen würden? Wen würde es stören? Den Grafen Lothar? Bestimmt nicht. Meister Rainald? Der würde sich nur ärgern, dass er die Arbeit nun allein erledigen musste.
Gerade als ein besonders harter Tritt seinen Kopf traf, bemerkte Johann, dass das Grölen der Kinder plötzlich aufhörte.
Otto wurde von ihm heruntergezerrt und wie ein lästiges Insekt zur Seite geworfen. Er landete im Dreck des Burghofes.
Johann hörte wie die anderen Kinder vor Angst aufkeuchten und mit schnellen Schritten davonstoben.
Hustend versuchte Johann sich aufzurichten. Seine Nase blutete und er wischte sie mit dem Ärmel seiner Kutte ab.
Blinzelnd schaute er zu seinem Retter auf. Der Dreck, der in seine Augen gedrungen war, und die Tränen nahmen ihm die Sicht. Er bemerkte nur eine große Silhouette, die sich vom grauen Himmel dieses kalten Frühlingstages abhob.
»Du solltest lernen, wie man ein Messer benutzt.«, meinte eine ihm unbekannte Stimme mit einem seltsamen Akzent und ihm wurde eine große Hand hingehalten.
Johann blinzelte wieder und langsam schärfte sich sein Blick. Über ihm stand ein großer, junger Mann mit ungewöhnlich langem, weißblondem Haar, das ihm bis auf die Schultern fiel. Die Kleidung des Fremden war staubig, als hätte er eine Reise hinter sich. Und plötzlich erinnerte sich Johann. Dies war ein Nordmann. Der Sohn eines Adeligen, der als Pfand für einen Pakt zwischen seinem Vater und dem Grafen Lothar auf der Burg leben sollte. Johann hatte gehört, dass er in diesen Tagen ankommen sollte.
»Willst du nun aufstehen oder weiter im Dreck hocken?«, fragte der junge Mann mit spöttischer aber nicht unfreundlicher Stimme. Johann ergriff die Hand, die ihm noch immer hingehalten wurde und mit dem Ruck eines kräftigen Arms wurde er auf die Füße gezogen. Stöhnend richtete er sich auf. Jeder einzelne Knochen tat ihm weh.
»Danke für Eure Hilfe, mein Herr.«, murmelte er schüchtern und wischte sich mit dem Ärmel seiner Kutte verstohlen Schlamm und Tränenspuren vom Gesicht.
»Es ist feige, jemanden zu schlagen, der kleiner ist und am Boden liegt.«, meinte der Fremde. »Zumindest außerhalb einer Schlacht.«, fügte er noch hinzu und musterte Johann neugierig. »Bist du ein Mönch?«
»Nein, ich bin der Lehrling von Meister Rainald. Er ist der Schreiber und Kopist von Graf Lothar.«, murmelte Johann während er sich seine schmerzende Seite rieb. Alles tat ihm weh, doch aus irgendeinem Grund wollte er vor diesem blonden Riesen keine Schwäche zeigen. »Ein Schreiber. Also deshalb weißt du nicht, wie du dich wehren kannst. Du hast so kleine, zarte Hände, fast wie ein Mädchen.« Er lachte. »Daher nützt es dir nichts, dich im Faustkampf zu üben. Du musst mit einem Messer kämpfen und zwar auf die unfaire Art. Flink und schnell wie ein Wiesel. Nur so kannst du überleben.«
Johann starrte sein Gegenüber an. Der Riese hatte gut reden. Wie sollte er lernen, mit einem Messer umzugehen? Dafür war er zu schwach und zu tollpatschig. Er wollte dem Nordmann sagen, was er über seinen Vorschlag dachte, doch er hielt inne und gab sich einen kurzen Moment der Vorstellung hin, wie er mit einem Messer den fiesen Otto piekte. Ach, wäre das schön.
»Du dienst hier auf der Burg?«, fragte der Nordmann und riss Johann aus seinen Gedanken.
»Ja, in der Schreibstube.« Verlegen schaute er auf den Boden vor sich, während sich ein drückender Schmerz in seinem Kopf bemerkbar machte. Johann schüttelte leicht den Kopf. Jetzt nicht, dachte er. Ich kann jetzt keine Kopfschmerzen gebrauchen. Mit aller Macht drängte er den Schmerz zurück. Er wollte vor dem Fremden keine weitere Schwäche zeigen.
Der junge Nordmann musterte Johann mit gerunzelter Stirn. Einen kurzen Moment blitzten seine Augen überrascht auf, doch es ging so schnell, dass Johann glaubte, es sich nur eingebildet zu haben.
»Ich lebe jetzt auch hier.«, fuhr der Fremde mit bitterer Stimme fort. »Mein Vater hat es so gewollt.«

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