26. September 2014

'Liebe, Macht und rote Rosen' von Brigitte Teufl-Heimhilcher

Als Sybille Hold-Meixner, Kabinettschefin des Sozialministers, nach dessen Unfalltod zu seiner Nachfolgerin gekürt wird zögert sie kurz, ehe sie das Amt annimmt - unter anderem auch, weil ihr Kanzler Elmar Reifenstein einmal sehr nahe gestanden ist. Kaum hat sie ihr neues Büro bezogen fallen ihr Unterlagen in die Hände, die Gewerkschaftsboss Meller in arge Bedrängnis bringen. Aber ist es politisch klug sich mit der Gewerkschaft anzulegen?

Sybille überlegt nicht lange und nimmt den Kampf auf – schließlich soll Recht auch Recht bleiben. Doch sie hat nicht nur mit dem politischen Gegner zu kämpfen, auch Elmar bringt sie in eine höchst unangenehme Lage und mit ihrer halbwüchsigen Tochter Kerstin hat sie es auch nicht immer leicht.

Gut, dass wenigstens der Chefredakteur des Tagblattes immer öfter ihre Partei ergreift, er erweist sich auch sonst als höchst angenehme Gesellschaft, aber darf sich eine Ministerin in einen Journalisten verlieben?

Gleich lesen: Liebe, Macht und rote Rosen

Leseprobe:
Als Sybille schlaftrunken die Jalousien hochzog, war es draußen dunkel und nebelig. Ihre Tochter Kerstin wollte auch nicht aus den Federn. Das konnte sie ja verstehen, aber dass sie dann auch noch das Bad stundenlang blockierte, zerrte schon ziemlich an ihren Nerven, und als sie beim Frühstück mit einem ihrer Igitt-igitt-Blicke sagte: „Wie siehst du denn heute aus?“, schien das Maß voll.
Wie immer zählte Sybille erst heimlich bis zehn, ehe sie, schon etwas weniger gereizt, antwortete: „Lass mich raten: schwarz und traurig? Genauso fühle ich mich, heute ist doch das Begräbnis von Doktor Winter.“
„Okay, aber du bist seine Kabinettschefin, nicht seine Witwe“, antwortete Kerstin gelangweilt, trank ihren Orangensaft, schnappte sich einen Apfel und ging.
„Du sollst doch …“, den Rest konnte sie sich sparen, die Tür war bereits hinter Kerstin ins Schloss gefallen.
Lustlos aß sie ein paar Löffel von ihrem Müsli, verstaute die restlichen Lebensmittel wieder im Eiskasten und betrachtete sich im Vorzimmerspiegel. Vielleicht war die schwarze Bluse zusammen mit dem schwarzen Kostüm und ihrem schwarzen Haar doch etwas zu viel. Seufzend ging sie zurück ins Schlafzimmer.
Weiß? Rosa? Ach, hier war noch diese silbergraue Schleifenbluse. Die hatte sie schon eine Ewigkeit nicht getragen, aber zusammen mit der Blutsteinkette und den dazu passenden Ohrgehängen sah sie gar nicht so übel aus. Noch ein wenig Lippenstift, dann machte sie sich auf den Weg zu ihrem Vater.
Sie konnte zwar nicht verstehen, warum er sich diese Tortur freiwillig antat, aber er behauptete, als alter Parteifreund wäre es seine Pflicht, an den Trauerfeierlichkeiten teilzunehmen. Sie vermutete eher, dass er Langeweile hatte, jetzt, wo die Golfsaison endgültig vorbei zu sein schien.
Obwohl sie fünf Minuten vor der Zeit da war, stand er schon vor dem Haus. Gut sah er aus, mit seinem schwarzen Mantel und dem schlohweißen Haar.
Er bedeutete ihr einzuparken, doch sie öffnete nur das Fenster: „Komm, steig ein, mit deinem Schlitten bekommen wir doch nie einen Parkplatz.“
„Irrtum Kind, mit meinem Schlitten brauchen wir keinen Parkplatz.“
Dieser Logik konnte sie zwar nicht folgen, aber sie wollte nicht schon jetzt mit ihm diskutieren. Also sagte sie nur: „Okay, aber ich fahre.“
„Meinetwegen.“
Sie parkte seufzend ein und nahm in seinem großen, alten Mercedes Platz. Schön war er ja, mit seinen weinroten Ledersitzen und den Rosenholzeinlagen auf dem Armaturenbrett, aber verdammt unpraktisch.
Während sie den Wagen vorsichtig durch den dichten Morgenverkehr lenkte, fragte er: „Wie geht’s meiner Enkelin?“
„Im Moment vermutlich gar nicht gut, sie hat heute Literatur-Test und bestimmt zu wenig gelernt.“
„Das arme Kind, muss sich mit toten Dichtern herumschlagen, wo es doch so viel Spannenderes gibt.“
„Ich kann mich nicht erinnern, dass du mir gegenüber jemals auch nur halb so viel Bedauern ausgedrückt hättest.“
„Du warst sowieso immer eine Streberin. Deswegen hast du heute so wenig Verständnis für deine Tochter. Kerstin ist halt mehr der praktische Typ.“
Da sie sich bereits dem Friedhof näherten, enthielt sie sich einer Antwort, obwohl es sie schon längere Zeit wurmte, dass ihr Vater, wie auch ihr Exmann, immer die Verständnisvollen spielten und es ihr überließen, sich um den nervigen Alltag zu kümmern.
„Hier gleich rechts“, dirigierte er sie eben auf den Parkplatz der Ehrengäste.
„Ich weiß nicht, ich bin doch kein Ehrengast.“
„Ich schon“, antwortete er mit Würde und kletterte aus dem Auto. Der Parkwächter grüßte respektvoll und steckte eine Nummer hinter die Windschutzscheibe.
„Na bitte, geht doch“, lächelte er und reichte ihr seinen Arm.

*

Die Trauerfeier für Doktor Winter zog sich endlos dahin.
Auf dem Sarg stand ein Gesteck aus roten Rosen, davor der Kranz der Witwe, ebenfalls aus roten Rosen, flankiert von einer Vielzahl anderer Kränze mit schwarzen, roten und goldenen Schleifen.

Im Kindle-Shop: Liebe, Macht und rote Rosen

Mehr über und von Brigitte Teufl-Heimhilcher auf ihrer Website.

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